Unsere aktuellen Nachrichten auf einen Blick

Ein besonderer Gottesdienst mit Zeitzeugen und Taufkindern in Ibbenbüren

Etwa 150 Besucher erlebten am Sonntag, 28. April, in der Christuskirche in Ibbenbüren einen besonderen Gottesdienst, vorbereitet vom Leitungsteam der Initiative Ibbenbüren "Den Kindern von Tschernobyl". In den Gottesdienst einbezogen war die Taufe zweier Kinder aus der Markus- und der Christusgemeinde. Gleich zu Anfang wurden mit der Tschernobyl-Kerze und den zwei Taufkerzen im Dunkel des Turmraumes entzündete Hoffnungslichter auf den Altar gebracht.

Die Katastrophe von Tschernobyl, die am 26. April 1986 mit Wind aus dem Osten radioaktives Material bis zu uns herüberwehte, wurde sichtbar, als Kinder aus den Tauffamilien mit einem Windstoß die Hoffnungslichter der Taufkerzen zum Erlöschen brachten.

Erinnerungen wurden lebendig: Damals durften Kinder nicht mehr im Sand spielen. Es wurde gewarnt vor dem Verzehr von Gemüse aus dem eigenen Garten.Das Symbol, das vor den Gefahren radioaktiver Strahlung warnt, gestaltet als leuchtendes Warnzeichen auf dem Fußboden der Kirche wurde damit für die Einzelnen erkennbar. Zugleich wurde der Gemeinde in dem Augenblick bewusst gemacht, dass die Katastrophe von Tschernobyl bis heute auch in der Bundesrepublik deutliche Auswirkungen hat: Laut eines SPIEGEL- Berichts hat die Bundesrepublik im vergangenen Jahr 1,1 Millionen € Schadenersatz an Jäger aus dem Thüringer- und Bayrischen Wald für verstrahltes Wild gezahlt, das nicht in den Handel kommen durfte. Für die Durchführung der Europäischen Aktionswoche "Für eine Zukunft nach Tschernobyl und Fukushima" inclusive Anreise und Unterbringung der Zeitzeugen stellt das Auswärtige Amt der Initiative Ibbenbüren "Den Kindern von Tschernobyl" einen Zuschuss von 1.800 € zur Verfügung.

Das Ausblasen der Hoffnungslichter wurde damit zu einem Augenblick, in dem dieser Tatbestand bewusst wurde: Tschernobyl ist nicht erledigt. Mitten in dieses Erschrecken hinein führte das Oster-Evangelium auf eine neue Spur - das Licht im Dunkel des Turmraums wurde als Osterlicht erkennbar. Die Taufkerzen wurden neu entzündet. Die Taufe wurde in ihrer Bedeutung neu entdeckt: Gott kommt mit dem Dunkel des Kreuzes in unsere Tiefe und teilt diese Tiefen mit uns. Doch Taufen, die mit Ostern verbunden sind, geben der Welt eine neue unzerstörbare Hoffnung, die lautet: Steh auf und lebe!“

So waren die beiden Taufsprüche, die die Eltern der Kinder ausgewählt hatten, wie eine einzigartige Bestätigung: "Jesus Christus spricht: Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis bleiben, sondern wird das Licht des Lebens haben" (Joh. 8, 12). Und: "Sei mutig und stark, fürchte dich also nicht und hab keine Angst, denn der Herr, dein Gott, ist mit dir in allem, was du unternimmst." (Jos. 1,9)

Nach den Taufen kamen zu den brennenden Taufkerzen auf dem Altar weitere Hoffnungslichter. Es waren Erfahrungen aus der Tschernobyl-Initiative: Eine Gastmutter zündete ein Licht dafür an, dass sie durch ihr Erleben mit den Kinder in ihrer "Lebenseinstellung eine positive Sichtweise" bekommen hat. Eine Jugendliche aus einer Gastfamilie zündete eine Kerze an für erfahrene Freundschaft. Mit einer weiteren Kerze wurde die gesundheitliche Vorsorge deutlich: Mit jedem Ferienaufenthalt wird nachweislich das Immunsystem gestärkt. Drei bis vier Tage weniger Fehlzeiten in der Schule sind die Folge. Besonders eindrücklich das Hoffnungslicht für die Völkerverständigung, das zum Ausdruck brachte: "Aus Feinden sind Freunde geworden." In diese Kette der Hoffnungslichter reihten sich die Zeitzeugen Juri Vatzkel und Valentina Daschkewitz ein, die davon berichteten, wie sie ihr Leben eingesetzt haben und wie sehr sie heute nach allen Jahren der Begegnung und Hilfe die Dankbarkeit bewegt.

Das Osterlicht hat eine sichtbare Kettenfolge ausgelöst. So durfte die Gemeinde in diesem Gottesdienst erleben, wie der grenzenlos liebende Gott Kinder zu seiner Wegweisern macht, damit Menschen aus der Tiefe aufstehen und leben. Als die Mitglieder des Chores "Melodia" am Ende das "Vater unser" auf Russisch sangen, da erinnerten sie indirekt daran, dass in den östlichen Kirchen an diesem Sonntag das orthodoxe Osterfest gefeiert wird und dass der auferstandene Christus über alle Grenzen hinweg zum Leben und zur Hoffnung einlädt. Mit ihren Liedern und Melodien trugen sie einen wesentlichen Anteil dazu bei, dass sich die Herzen öffneten. Es gab vielseitige Leuchtspuren in diesem Gottesdienst. Sie werden jeden begleiten, der ihn erlebt hat.

Text: Pfarrer i. R. Reinhard Paul

Zurück