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„Ein Meilenstein für die Demokratie“ - Gottesdienst zum Jubiläum „100 Jahre Frauenwahlrecht“

Im November 1918 wurde das Frauenwahlrecht in Deutschland eingeführt. Am 19. Januar 1919 fand mit der Wahl zur Deutschen Nationalversammlung die erste reichsweite Wahl statt, bei der Frauen und Männer das aktive und passive Wahlrecht hatten.

Für den Ausschuss für Frauenfragen im evangelischen Kirchenkreis Tecklenburg war das Jubiläum des besonderen Wahltages Grund genug, Anfang April in der Lengericher Stadtkirche unter dem Motto „Frauen.Wahl.Recht“ einen Gottesdienst zu feiern. Auch den 70. Jahrestag des Grundgesetzes mit der Verankerung der Gleichberechtigung von Mann und Frau, das am 25. Mai 1949 in Kraft getreten war, bezogen die Organisatorinnen in die Feierstunde ein. „Wir wollen danken für alles, was auf dem Weg zur Gleichberechtigung bereits geschafft ist. Und wir beklagen, was einer gerechten Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben im Weg steht“, machten sie deutlich, dass der Weg bis heute nicht an sein Ziel gelangt sei.

Der Sonntag „Judika“ war für den Gottesdienst nicht zufällig gewählt, ist dessen Thema doch seit jeher „Recht und Gerechtigkeit“. Eckdaten zum Thema ließen vier der Frauen als „Zwischentöne“ aus dem Chorraum Revue passieren. Sie erinnerten an den ersten Internationalen Frauentag, an dem sich im März 1911 Demonstrantinnen für ein Frauenwahlrecht stark gemacht hatten, erklärten, dass erst mit Inkrafttreten des Gleichberechtigungsgesetzes im Juli 1958 das „Letztendscheidungsrecht des Ehemanns in allen Eheangelegenheiten“ ersatzlos gestrichen wurde und Frauen erst seit 1977 ohne Einverständnis ihrer Männer  erwerbstätig sein durften.

Ebenfalls erst 1974 beschloss die Synode der Evangelischen Kirche von Westfalen die vollkommene rechtliche Gleichstellung von Pfarrerinnen und Pfarrern, im Jahr 2006 trat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in Kraft, 2018 die Evangelische Frauenhilfe dem Aktionsbündnis „Parité in den Parlamenten“ bei. Obwohl sich in den vergangenen 100 Jahren sehr viel zum Positiven verändert habe, sei noch längst nicht alles gut, zogen die Frauen Bilanz. Dass auch heute noch nicht Frauen und Männer für die gleiche Arbeit die gleichen Gehälter bekämen, sei nicht hinnehmbar, stellten sie fest und forderten Konsequenzen ein.

Die Predigt hielt Rückschau auf Marie-Elisabeth Lüders, die zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts als Juristin und Politikerin gegen Mädchenhandel und die Ausbeutung von Frauen gekämpft und sich für die Rechte von Frauen im öffentlichen Leben engagiert hatte. „Anderen helfen“ war nicht nur ihre Antwort auf die Frage, was sie mit dem Stimmrecht wolle, sondern auch die Devise ihrer Frauenbewegung.

Die Liturgie für den Gottesdienst war von der Evangelischen Frauenhilfe von Westfalen erarbeitet und vom Team des Kirchenkreises individuell umgesetzt worden. Über die überschaubare Resonanz von insgesamt 60 Frauen und Männern waren die Organisatorinnen ein wenig enttäuscht.

Text: Dietlind Ellerich

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