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Eine unbekannte Seite des Komponisten Frédéric Chopin entdecken

Eine ganz neue Facette des Schaffens von Frédéric Chopin (1810-1849) konnten die Besucher eines wunderbaren Konzertabends im Martin-Luther-Haus Lengerich erleben. Es war eines der schönsten Konzerte, die in Kooperation zwischen der evangelischen Kirchengemeinde Lengerich und der Musikschule Tecklenburger Land entstanden. Die Zuhörer im vollbesetzten Saal waren davon völlig fasziniert. Kreiskantor Martin Ufermann freute sich über den vollbesetzten Saal und kündigte die Künstlerinnen Natalia Atamanchuk (Sopran) und Kiyomi Kudo-Helms (Klavier) sowie den Moderator Maximilian Greshake an.

Natalia Atamanchuk studierte in Nowosibirsk und Mannheim. Sie ist eine gefragte Lied- und Opernsängerin und wird im In- und Ausland zu Gastspielen eingeladen. Kiyomi Kudo-Helms absolvierte Klavier-Studien in Tokio und Hamburg. Die Pianistin wird neben ihrer umfangreichen pädagogischen Tätigkeit, unter anderem an der Musikschule Tecklenburger Land, auch für Soloauftritte in Deutschland und Japan gefeiert.

Frédéric Chopin (1810-1849) werde heute am ehesten mit Klaviermusik in Verbindung gebracht, erklärte Maximilian Greshake zu Beginn seiner informativen Einführung. Die Sammlung „17 Polnische Lieder op. 74“ beweist, dass Chopin auch bedeutende Kunstlieder geschaffen hat, die jedoch weitestgehend unbekannt geblieben sind. Zu den Themen Liebe und Tod in Liedern herausragende Komponisten der romantischen Epoche wie Franz Schubert und Robert Schumann, kommen bei Chopin Patriotismus und persönliche Freiheit hinzu. Er hat den polnischen Liedern Gedichte von Stefan Witwicki, Adam Mickiewicz, Józef Bohdan Zaleski, Zygmunt Krasiński, Ludwik Osiński und Wincenty Pol zugrunde gelegt. Musikalisch sind sie dem Volkslied seiner Heimat nahe.

Freudvoll jubelnd in C-Dur war das „Bacchanal“, zart erwachte der Frühling im gleichnamigen Lied, während an anderer Stelle „Trübe Wellen“ vom Tod erzählten. „Polens Grabgesang“ in Es-Moll ist das letzte und umfangreichste Werk der Sammlung. Die traurige Weise erzählt in starken Worten (Text Wincenty Pol) vom Elend der Menschen, leeren Städten und wüsten Auen. Sie gipfelt in dem Ausruf „O mein armes Polen!“ Häufige Wechsel von Melodie und Rhythmus unterstreichen das dramatische Geschehen. Sprachsicherheit und ausgefeilte Mimik der Sängerin machten das Zuhören zu einem großen Genuss.

In den zweiten Teil des Abends führte Maximilian Greshake mit Erläuterungen zu den „Nocturnes“ von Frédéric Chopin und und John Field ein. Die zuvor gehörten Lieder und die „Nocturnes“ hätten vieles gemeinsam, zuallererst die Entstehungszeit. Field war zu Lebzeiten ein hochgeschätzter Komponist, dessen Eindrücke von Reisen nach Frankreich und Russland in seine Werke einflossen. Der Irländer gilt als „Erfinder“ der nächtlichen Ständchen und Vorgänger Chopins in diesem Genre. Die Melancholie und traurige Grundstimmung Chopins war Field allerdings fremd. Schwermut und Nostalgie, ebenso wie nächtliche Dramen, schwingen durch die Stücke des polnisch-französischen Komponisten.

Die hohe Empfindsamkeit der Pianistin, ihre technische Beherrschung schwierigster Passagen und der neue Schimmel-Konzertflügel gingen eine innige Verbindung ein. Sowohl als einfühlsame Begleiterin der Sopranistin als auch im solistischen Vortrag erwies sich Kiyomi Kudo-Helms als ideale Besetzung, um die Schönheit der musikalischen Schmuckstücke und des Instruments zum Glänzen zu bringen. Langer Beifall zeugte von der hohen Wertschätzung für den erstklassigen Hörgenuss. Als Zugabe bezauberte Kiyomi Kudo-Helms mit dem gefühlvoll interpretierten „Wiegenlied“ von Franz Schubert das restlos begeisterte Publikum.

Text: Brigitte Striehn

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