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Film „Newcomers“ zeichnet eindringliches Bild von Fluchterfahrungen, aber auch von Sehnsucht und Hoffnung

„Ich hab so oft gehofft, dass wir überleben“, „Weil ich ein Mädchen bin, und nur afghanische Jungen alles dürfen“, „Ich habe hauptsächlich gelernt, wie schlecht manche Menschen sein können“, „Mein Körper war fast komplett durchlöchert“ oder „Die Angst, verhaftet zu werden, war größer als die Angst vor dem Tod“. Es sind Sätze wie diese, die in der letzten Juniwoche im Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Westerkappeln niemanden kalt lassen.

Ausgesprochen werden sie von 29 Kindern, Frauen und Männern, die ihre Heimat in Afghanistan, Syrien, im Iran, in Palästina, im Libanon, in Guinea und im Sudan verlassen haben und heute in Berlin, Hamburg, Osnabrück, Duisburg, Sonthofen, Göttingen und anderen Orten in Deutschland leben. Auch eine Frau, die sich an das Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert, und ein Mann aus der ehemaligen DDR, der nach dem Fall der Mauer eine neue Heimat in der Bundesrepublik fand, kommen in dem Film zu Wort.

„Newcomers“ ist ein Film, der es in sich hat. Eine gute Stunde lang erzählen Menschen ihre Geschichten. Auf Einladung der Evangelischen Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Tecklenburg und des Vereins Wabe Westerkappeln sahen ihn rund 30 Frauen und Männer. Menschen aus Syrien, der Türkei, aus Deutschland und anderen Ländern stellten sich in Westerkappeln den unter die Haut gehenden Interviews und kamen später ins Gespräch, miteinander und mit dem Regisseur Ma'an Mouslli.

Er habe Flüchtlinge als „normale“ Menschen zeigen wollen, erklärt der Regisseur, der vor fünf Jahren aus Syrien nach Deutschland gekommen ist, warum ihm sein Film so sehr am Herzen lag. Mit kleinem Budget, vielen Ehrenamtlichen und der Unterstützung des Vereins „Exil - Osnabrücker Zentrum für Flüchtlinge“ sowie des Caritasverbandes hat er 100 Interviews mit Menschen aus acht Ländern und in fünf Sprachen gedreht. Aus den 400 Stunden Filmsequenzen wurde am Ende eine gute Stunde Film.

Ein Film, in dem Menschen ihre Geschichten erzählen. Der erste Schritt zur Integration sei nicht, Deutsch zu lernen oder Arbeit zu haben, sondern jemandem seine Geschichte erzählen zu können, ist der Regisseur überzeugt. In der Dokumentation erzählen Junge und Alte, Frauen und Männer, Muslime und Christen, Homosexuelle und Menschen mit Behinderung, was sie erlebt haben und was sie sich für die Zukunft wünschen.

Ma'an Mouslli inszeniert die Interviews sehr schlicht. Der Zuschauer sieht lediglich den Kopf der Sprechenden vor schwarzem Hintergrund. Das ist sehr eindrucksvoll, weil es den Blick auf das Wesentliche konzentriert. „Der Zuschauer soll in die Augen sehen und durch nichts abgelenkt werden“, erklärt der Regisseur, wie er seine Inszenierung verstanden wissen will.

„Newcomers“ heißt nicht nur der Film. Beim Namen hat sich der Regisseur bei der jüdischen Theoretikerin Hannah Arendt inspirieren lassen, die sich nach ihrer Flucht aus Deutschland in den Vereinigten Staaten selber als „Newcomer“ sah. Ma'an Mouslli spricht ebenfalls lieber von „Newcomers“, wenn er von den Menschen spricht, die aus ihrer Heimat fliehen mussten und heute in Deutschland oder einem anderen sicheren Land leben und im Idealfall nicht nur im wörtlichen Sinn angekommen sind.

Der Film zeichnet ein eindringliches Bild von Fluchterfahrungen, von Ängsten, Leid und Sorgen, aber auch von Wünschen, Sehnsucht und Hoffnungen der Menschen, die nichts lieber möchten, als „normal“ zu sein und eine gute Zukunft zu haben.

Text: Dietlind Ellerich

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