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Karl Barth und Mozart – ein eindrucksvoller Abend in der Friedenskirche Wersen-Büren

„Ich bin mir nicht sicher, ob die Engel, wenn sie im Lobe Gottes begriffen sind, gerade Bach spielen – ich sei aber sicher, dass sie, wenn sie unter sich sind, Mozart spielen und dass ihnen auch der liebe Gott besonders gerne zuhört“. So der bedeutende Schweizer Theologe Karl Barth über seinen Lieblingskomponisten Wolfgang Amadeus Mozart. Jeden Morgen hörte Karl Barth Mozart auf dem Grammophon und wendete sich erst dann der Dogmatik zu.

Im Rahmen der Karl-Barth-Veranstaltungsreihe des Ev. Kirchenkreises Tecklenburg erlebten die Zuhörer in der Friedenskirche Wersen-Büren einen besonderen Abend mit Lesung und Musik, der Karl Barth und seine Beziehung zu Mozart in den Mittelpunkt stellte. „Mozart war für Karl Barth wichtig“, so Synodalassessor und Gemeindepfarrer Jörg Oberbeckmann in seiner Begrüßung. „Vielleich wären seine großen Werke gar nicht so wichtig und umfassend geworden, hätte er nicht Mozart gehört“. Er dankte Pfarrerin Adelheid Zühlsdorf-Maeder für die engagierte Organisation der Veranstaltungsreihe.

Ausdrucksstark und prononciert rezitierte Altpräses Dr. h.c. Alfred Buß Karl Barths Aussagen zu Mozart während Kirchenmusikdirektor Christian Schauerte virtuos die passenden Werke des Komponisten auf dem Klavier dazu interpretierte. Eröffnet wurde der Abend mit Einblicken in die Lebenssituation Karl Barths, der 1886 geboren wurde. „Als die Welt im Chaos versank, stand er mittendrin. Gleich zweimal“ so Alfred Buß. Barth verfasst den Entwurf zur Barmer Theologischen Erklärung von 1934, mit der sich die Bekennende Kirche den „Deutschen Christen“ entgegen stellte. Persönlich stellt Barth sich gegen die Nazis. Nach dem 2. Weltkrieg protestiert er gegen die Wiederaufrüstung der Bundesrepublik und die Atombewaffnung. Er kritisiert die „Fetische westlichen Konsumstils“ und den Ansatz der Selbstverwirklichung. Der unverfügbare, unerreichbare und doch zugewandte Gott kommt für Karl Barth gerade in der Musik Mozarts zum Klingen. Musikalisch setzte Christian Schauerte dieses Erleben in der Fantasia D-Moll um, die Mozart im Alter von nur 16 Jahren komponierte.

Mozart, „der Unvergleichliche“

Mozart war für Karl Barth „wunderbar frei von dem Krampf, selber durchaus etwa sagen zu müssen und zu sollen und darum für ihn „der Unvergleichliche“. Als er von einer Zeitungsredaktion zum 200. Geburtstag Mozarts um einen „Dankesbrief“ gebeten wurde, meinte er:“ Ich habe zu bekennen, dass ich wenn ich je in den Himmel kommen sollte, mich dort zunächst nach Mozart und dann erst nach Augustin und Thomas, nach Luther, Calvin und Schleiermacher erkundigen würde“. Mozarts Musik sei zu einer der Konstanten in seinem Leben geworden. Das Adagio H-Moll, das Christian Schauerte dazu spielte, schrieb Mozart in seiner Lebensmitte. Dass die Musik von Johann Sebastian Bach und die Mozarts auch Ähnlichkeiten aufweisen, wurden den Zuhörern deutlich als der Kirchenmusiker eine Allemande von Mozart mit Passagen einer Allemande (Suite dans le Style G.F. Händel) von Johann Sebastian Bach versetzte.

„Das Schwere schwebt und das Leichte wiegt schwer“

Auf die Frage, ob Mozart glücklich gewesen sei, antworte ein englischer Zeitgenosse: „Er war es nie“. Er hat nie ein Kind sein dürfen. Mit drei Jahren sitzt Wolfgang Amadeus am Klavier und spielt mit vier Jahren kleine Stücke fehlerlos. Im Alter von fünf Jahren komponiert er die ersten Stücke und tritt als Sechsjähriger seine erste Kunstreise an. Mit 14-17 Jahren komponiert er Opern, Messen, Symphonien, u.s.w. Anschaulich erleben die Zuhörer in der Friedenskirche wie lebendig auch schon die frühen Kompositionen Mozarts klingen anhand von Stücken aus Nannerls Notenbuch und dem Londoner Skizzenbuch. Die Zahl der erhaltenen Werke Mozarts ist angesichts der Kürze seines Schaffens gewaltig. Seine Musik erschließt sich nicht ohne weiteres. Karl Barth schreibt: “Es ist bei Mozart tatsächlich so,…,dass das Schwere schwebt und das Leichte unendlich schwer wiegt“. Mozarts Besonderes, so Barth, dürfte auch mit diesem Widerspruch zusammenhängen – oder vielmehr damit, dass es bei ihm kein Widerspruch ist…“ Dem stellt Christian Schauerte den 1. Satz des Allegros aus der Sonate in B gegenüber.

Mozart hört auf die Geschöpfwelt und bringt ihre Musik hervor

„Warum kann man dafür halten, dass Mozart in die Theologie gehört, obwohl er kein Kirchenvater und dem Anschein nach nicht einmal ein besonders beflissener Christ – und überdies noch katholisch?“ fragt Karl Barth. Mozart habe in der Zeit gelebt, in der ein Erdbeben in Lissabon wütete. Die Bevölkerung klagte Gott an. Mozart setzt mit seiner Musik dagegen: „Und das immerwährende Licht leuchtet (Et lux perpetua lucet (sic!)“. Barth weiter: „Mozart sah dieses Licht so wenig wie wir alle, aber erhörte die ganze von diesem Licht umgebene Geschöpfwelt. Und indem er die Geschöpfwelt ganz ohne Ressentiments und unparteiisch hörte, brachte er eigentlich nicht sein sondern ihre Musik hervor, ihr doppeltes aber doch übereinstimmendes Gotteslob“. Christian Schauerte machte dieses Gotteslob auf dem Klavier plastisch: In einem faszinierenden Arrangement mit Anklängen aus Stücken wie der Kleinen Nachtmusik, der Toccata D-Moll von Johann Sebastian Bach und Interpretationen zu Mozarts Musik ließ er den eindrucksvollen Abend ausklingen. In seinem neu getexteten Lied zur Melodie von „Danke für diesen guten Morgen“ hieß es:“ Danke für alle guten Worte, danke für W.A. Mozart, danke für alle schönen Bücher und auch für Karl Barth“.

Text: Christine Fernkorn

 

 

 

 

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