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Seelsorge im Krankenhaus in Coronazeiten - Pfarrerin Margarete Steinmann berichtet aus ihrem Arbeitsalltag

Margarete Steinmann ist Krankenhausseelsorgerin an der Helios-Klinik in Lengerich. Öffentlichkeitsreferentin Christine Fernkorn stellte ihr Fragen zu ihrer derzeitigen Situation in Zusammenarbeit mit Klinikpersonal und Patienten.

Wie halten Sie Kontakt zu den Menschen, mit denen Sie zusammenarbeiten (Patienten, Mitarbeitende der Klinik)?

Margarete Steinmann:Seit mehr als 30 Jahren komme ich als Seelsorgerin in das Krankenhaus in Lengerich – schon der erste Schritt hat sich verändert. Bevor ich überhaupt das Krankenhaus betrete, lege ich den Mund-Nasen-Schutz an. Alle Menschen, denen ich auf den Fluren begegne, tragen diese Masken. Zumeist sind es Mitarbeitende aus dem Haus, denn Besuche von Angehörigen sind seit Wochen nicht mehr erlaubt. Nur bei schwerstkranken bzw. sterbenden Menschen wird eine Ausnahme gemacht.

Ich bin nicht vom Krankenhaus angestellt, werde aber als Mitarbeitende des Hauses gesehen wie auch manch andere, die dort arbeiten und einen anderen Anstellungsträger haben.

„Ich kann die Menschen besuchen, die jetzt keinen Besuch bekommen“

Wie gestalten Sie Ihre Seelsorge-Arbeit in der Corona-Krise?

Margarete Steinmann: Ja, Seelsorge kann auch in Coronazeiten weiterhin sein, vor allem sind das Gespräch mit den Patientinnen und Patienten und mit Mitarbeitenden. Ich kann die Menschen besuchen, die jetzt keinen Besuch bekommen. Ich kann mit den Angehörigen telefonieren und so manchmal ein Bindeglied sein.

Die Besuche sind anders - mit Mundschutzmaske und auf Abstand. Ich sitze weniger am Bett als früher, sondern stehe oft an der Zimmerwand. Da fällt es dann schwerer, einfach auch ohne Worte da zu bleiben wie es sonst bei schwerkranken Menschen durchaus angebracht war. Ein Mensch, der trauert, braucht manchmal weniger das Wort sondern, in den Arm genommen zu werden.

  • Dem Impuls folgen, die Hand zu nehmen, die Schulter zu berühren ….
  • keine Worte, sondern mit einer Geste sprechen
  • der persönliche Segen – mit Berühren – ob im Bett oder im Gottesdienst beim Abendmahl oder Salbung
  • und bei allem: Gottes Liebe Raum geben, Segen sich entfalten lassen …

 all´ das geht zurzeit nicht und ich fühle dabei: ich werde ärmer.

„Berühren können, berühren dürfen fehlt nicht nur mir“

Berühren können, berühren dürfen fehlt auch anderen Mitarbeitenden z.B. der Ärztin, als sie einer Patientin eine lebensbedrohliche Diagnose mitteilen musste.

Reden, hören, beten - das geht auch jetzt in dieser Situation.

„Corona“ schafft bessere Ausgangsbedingungen für die Gespräche mit den Menschen, die ambulant z.B. zu einer Chemotherapie kommen. Diese Frauen und Männer kommen oft regelmäßig ins Haus und verbringen dann viele Stunden hier, während die Infusionen in ihren Körper fließen. Früher saßen sie dabei oft eng beieinander in einem Zimmer. Jetzt treffe ich sie vermehrt einzeln im Raum an. Die Abstandsregel schafft Raum - nicht nur äußerlich. Sie öffnet den Raum dafür, dass es leichter zu einem persönlichen und offenen Gespräch kommt.

Alles, wozu wir mit mehreren Menschen in einem Raum zusammenkommen, findet zurzeit nicht statt: Die Treffen und Fortbildungen mit den Grünen Damen, Teamsitzungen, Erinnerungsfeier für die Angehörigen von Verstorbenen und Gottesdienste. Im Andachtsraum kann ich nur Texte, Gebete zum Mitnehmen auslegen.

Welche Entdeckungen machen Sie? Welche Überraschungen erleben Sie?

Margarete Steinmann: Ich bin im Haus unterwegs, nehme die Stimmungen auf. Gerade am Anfang waren es viele fragende Blicke. Mitarbeitende waren verunsichert, denn jeden Tag kamen aus dem Krisenstab des Hauses neue Entscheidungen, neue Beschlüsse. Da waren auch viele sehr aufmerksame Augen und untereinander die Frage: wie geht es dir? Denn auch unter den Mitar-beitenden waren etliche positiv getestet worden.  Auch mir wurde die Frage immer mal wieder gestellt – so war es neu und hat gutgetan. Ich habe mich als Kollegin in dem Haus gefühlt, die ebenso wie die anderen um die Patientinnen und Patienten bemüht ist, und den gleichen Bedingungen unterworfen ist, d.h. Schutzkleidung, wenn es nötig ist und getestet werden.

Wie läuft Seelsorge zurzeit im Krankenhaus?  Ein Fazit:

Das, was für mich zentral in der Seelsorge ist, geht auch unter Corona-Bedingungen: das Begleiten im persönlichen Gespräch. Und ‚Da sein‘ und dabei Gottes Liebe Raum geben und spüren lassen.

Gestiegen ist meine Wertschätzung für all das, was ohne Worte geschieht. Ich freue auf die Zeit, wenn seelsorgliche Begleitung wieder mit Berührung möglich sein wird.

 

 

 

 

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