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"Selbstbewusst raus mit dem Ton!" Gospelworkshop mit Micha Keding in Lengerich

Ein raumfüllender Klang dringt am Samstagnachmittag aus dem Saal des Martin-Luther-Hauses. Der Gospel-Workshop ist in vollem Gange. Pfarrer Torsten Böhm eilt die Treppe herauf, er war bis gerade eben noch in der Stadtkirche, um Vorbereitungen für das große Abschlusskonzert am nächsten Tag treffen. Sogar Scheinwerfer seien dieses Mal organisiert worden, berichtet er stolz.

Der fünfte Workshop ist es bereits, den Böhm auf die Beine gestellt hat. Von Freitagabend bis Sonntagnachmittag wird geprobt, dann die Ergebnisse vor Publikum präsentiert. Zwar hat Böhm mit dem GospelTrain schon seit 1994 einen eigenen Gospelchor, doch sollen mit dem Workshop explizit auch Leute angesprochen werden, die etwa keine Zeit für eine regelmäßige Teilnahme haben oder sich lediglich mal ausprobieren wollen.

Die Altersspanne im Saal ist groß. „Durch modernere Musik wollen wir jüngere Leute motivieren, denn das hier ist Musik, die junge Menschen täglich hören“, erzählt Böhm. So sollen auch diejenigen mit christlichen Texten in Berührung gebracht werden, die mit den klassischen Werken kirchlicher Musik nichts anfangen können. Oder mit Gesang bisher generell wenig Kontakt hatten: „Unter den Sängern sind mit Sicherheit einige, die überhaupt keine Noten lesen können.“ Das mache aber überhaupt nichts, Gospel sei durch seine ansprechenden Rhythmen sehr leicht zugänglich. Das niedrigschwellige Angebot wird offensichtlich gut angenommen: der Saal ist prall gefüllt, teilweise seien Teilnehmer sogar von weit her angereist.

Das hängt sicherlich auch mit Micha Keding zusammen. Er leitet die Veranstaltung, steht oben auf der Bühne und dirigiert behutsam die Sängerschar. Böhm hatte ihn vor längerer Zeit in Westerkappeln kennengelernt, seitdem gibt er immer den Ton an, wenn alle drei bis fünf Jahre wieder ein neuer Workshop stattfindet, und hat dann auch stets genug neue Lieder im Gepäck. Mit viel Witz ist er dabei, streut immer wieder kleine Anekdoten ein. „Selbstbewusst raus mit dem Ton, egal ob er stimmt oder nicht“, ist sein Motto. Er nimmt sich Zeit für die einzelnen Stimmen, bietet Hilfestellung, wenn sich die Sänger in einem unbekannten afrikanischen Liedtext nicht direkt so gut zurechtfinden wie im englischen Vorgängerstück. Alle fiebern schon dem morgigen Auftritt entgegen. Lampenfieber? Fehlanzeige, sogar bei den Solisten. „In der Menge fühlt man sich total wohl“, findet eine Teilnehmerin. Und eine andere ergänzt: „Gospel ist eine so emotionale Musikrichtung, da trifft man instinktiv fast immer den richtigen Ton, weil alles so von Herzen kommt.“ Keding bittet nun alle aufzustehen. Die Stimmen gewinnen dadurch nochmal um ein Vielfaches an Kraft, die Sängerinnen und Sänger lassen sich davon tragen, wippen mit ihren Notenheften in der Hand im Takt. Ob dieser harmonische Zusammenfluss vor der schwierigen Akustik der Stadtkirche Bestand haben wird? Man schließt kurz die Augen, gibt sich einige Sekunden voll und ganz der Musik hin und ist sich dessen ganz sicher.

Text: Dario Sellmeier

 

 

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