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Verständnis für jesidische Kultur und Religion wecken - Fortbildungsreihe "Fremde aufnehmen"

Im Rahmen einer Veranstaltung der Evangelischen Erwachsenenbildung nahmen am 22. November etwa 30 Besucher die Gelegenheit wahr, sich über jesidische Kultur und Religion zu informieren. Ashdi Barbaschek ist Jeside. Er lebt seit 27 Jahren in Deutschland und wohnt derzeit mit seiner Frau und zwei Kindern in Ibbenbüren.

Im „Café International“ der Alten Schule am Ibbenbürener Kirchplatz hatten Ingeborg Paul und Helma Bayer von der evangelischen Kirchengemeinde in Kooperation mit dem ökumenischen „Netzwerk Asyl“ Raum für die interessante Diskussionsrunde geschaffen. Adelheid Zühlsdorf-Maeder begrüßte die Gäste im Namen des Kirchenkreises Tecklenburg.

Ashdi Barbaschek erzählte zunächst etwas über die Entstehung der jesidischen Religion, die 9.000 Jahre alt sein soll. Er zeigte einen Videofilm, in dem der „Engel Pfau“ (Melek Taus) eine zentrale Rolle einnahm. Der Pfau gilt demnach als Stellvertreter Gottes und Symbol für die Sonne, die von Jesiden als heilig verehrt wird. Deshalb werden sie auch „Kinder der Sonne“ genannt. Teufelsanbeter, wie oftmals fälschlich behauptet, sind sie jedenfalls nicht. Das konnte der Referent deutlich machen. Sie glauben an die Wiedergeburt, wenn der Gestorbene ein gutes Leben geführt hat.

In dem Tal Lalisch, im Norden des Irak gelegen, befindet sich das zentrale Heiligtum, die Grabstätte von Scheich Adī ibn Musāfir. Ihre Kinder werden in der Weißen Quelle getauft. Auch Ashdi Barbaschek ist mit seinen beiden Kindern zur Taufe dorthin gefahren. Da gerade Flüchtlinge nicht die Möglichkeit dazu haben, können sie sich von Verwandten Wasser von der Quelle mitbringen lassen und die Zeremonie in der Diaspora vollziehen. Da es nicht erlaubt ist, zum Jesidentum zu konvertieren, heiraten Jesiden ausschließlich untereinander und nur innerhalb ihrer Kaste. Halten sie sich nicht daran, werden sie von ihrer Familie verstoßen. „Ich würde meinen Sohn in diesem Falle auf der Straße grüßen wie einen Fremden“, sagte Ashdi Barbaschek, dessen Frau und Kinder an dem Abend anwesend waren. Wer allerdings von IS-Kämpfern zum Islam gezwungen wurde, darf zurückkehren.

Jesiden nehmen für diese strenge Auslegung überlieferter Riten in Kauf, dass ihre Gemeinschaft immer kleiner wird. Viele Details dieser geheimnisvollen Religion kamen in der Diskussion zur Sprache: Gebete, Gesang oder Feiern. Der Referent beantwortete geduldig Fragen der Zuhörer, die sichtlich bemüht waren, die fremde Kultur und Religion zu verstehen. „Selbst viele Jesiden wissen nicht, wie ihre Religion entstanden ist, aber sie leben danach“, gab er zu verstehen. Frauen spielen im Alltag eine völlig untergeordnete Rolle. Bei Männergesprächen haben sie zu schweigen, ihre Betätigungsfelder sind Haushalt und Kindererziehung – auch wenn sie berufstätig sind. Er selbst würde nie im Haushalt helfen und seine Frau würde das auch nicht wollen, erzählte er. Religionskonformes Leben ist Jesiden extrem wichtig, Verstöße gegen allgemeine Gebote führen nicht zum Ausschluss.

Als Angehörige einer religiösen Minderheit und Teil des kurdischen Volkes wurden Jesiden bereits im Osmanischen Reich verfolgt. Heute hat sich die Situation durch das Wüten der Terrormiliz „Islamischer Staat“ weiter verschärft, viele ihrer Kulturgüter wurden zerstört. „Wir können nirgends sicher sein“, betonte Ashdi Barbaschek. Einen eigenen Staat Kurdistan lehnt er ab. Jesiden akzeptieren jede andere Religion, ihre eigene zelebrieren sie aus Angst vor Verfolgung oftmals nur im Verborgenen.

Das Interesse der Zuhörer war groß, das Gespräch hätte Stunden dauern können. Eines der Ziele der Fortbildungsreihe ist der Abbau von Vorurteilen gegenüber Fremden. Das ist an diesem Abend gut gelungen. Einiges blieb dennoch unverständlich oder wurde als rückwärtsgewandt empfunden. Adelheid Zühlsdorf-Maeder dankte dem Referenten für die informativen Ausführungen. Am 24. Januar 2019 wird die Reihe in Ibbenbüren mit einem Vortrags- und Diskussionsabend mit einer  Verfahrensberaterin der Zentralen Unterbringungs-Einheit des Landes NRW (ZUE) Ibbenbüren  fortgesetzt.

Text: Brigitte Striehn

 

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