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Agrarjournalist Dr. Wilfried Bommert plädiert für ressourcenschonendes Wirtschaften

Mit ca. 60 Teilnehmern sehr gut besucht war der Vortrag des langjährigen WDR-Agrarjournalisten Dr. Wilfried Bommert im ev. Gemeindehaus Lienen. Auch einige aktive Landwirte aus der Region waren gekommen, was erfreulich ist – wird eine Lösung der aktuellen Probleme doch nur gemeinsam mit ihnen gefunden werden können.

Nachdem der Referent die unleugbaren Fakten der aktuellen und bevorstehenden Klimaveränderungen auf unserem Planeten auch bildlich dargestellt hatte, befasste er sich ausführlich mit der Frage: Wie kann angesichts dieser Veränderungen eine sichere und möglichst nachhaltige Ernährung von immer mehr Menschen auf diesem Planeten gelingen?

Wie einschneidend sich besonders die zunehmenden Extremwetterlagen weltweit auf die Erzeugung von für uns selbstverständliche Konsumgüter auswirken, zeigte er am Beispiel Brasilien auf: das größte Soja- und Kaffeeanbauland der Erde hatte vor einigen Jahren nach einem einzigen Sommer mit Hitze- und Dürrerekorden über 40% Ernteeinbußen zu beklagen. Und wenn die längerfristigen Wetterprognosen sich bewahrheiten, wird in weiten Regionen des Landes in Zukunft kein Kaffee- und Sojaanbau mehr möglich sein.

Aber nicht nur Brasilien ist betroffen, nein, die Klimaveränderungen spielen sich in der ganzen Welt ab. Die Tatsache, dass unsere Breiten nach aktuellen Prognosen weniger stark beeinträchtigt sein könnten, sollte nicht beruhigen. Um Klimamigration zu verhindern, müssen möglichst viele Regionen der Erde für die dort beheimateten Menschen lebenswert bleiben. Ein Kampf der Menschheit um Wasser und Nahrungsmittel wäre ein erschreckendes Szenario. Dem muss heute entgegen gesteuert werden.

„Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaue und bewahre“ – so heißt es im ersten Buch der Bibel (1. Mose 2, 15). Darin steckt schon die Idee der Nachhaltigkeit – wer seine Lebensumwelt ausbeutet und verschmutzt, der entzieht sich selbst die Lebensgrundlage. Aber der Mensch sägt weiterhin munter an dem Ast, auf dem er sitzt.

Im schonenden und respektvollen Umgang mit der Erde und ihrer Ressourcen liegt aber der wahre Schlüssel zur Lösung vieler Probleme. Das 2012 von Dr. Bommert in Berlin gegründete „Institut für Welternährung“ will diesen Prozess vorantreiben und begleiten.

Das Reizwort heisst „RESILIENZ“ – dieser aus der Psychologie stammende Begriff wird häufig mit dem „Abfederungsvermögen“ von Systemen gegen äußere Störungen gleichgesetzt. Für die Ernährungswirtschaft bedeutet dies nach heutigem Wissen einen konsequenten Umbau der nach den Prinzipien der Diversität, Regionalität und Ökologie. Es müssen z.B. Kulturpflanzen mit besserem Wasser- und Nährstoffaneignungsvermögen gezüchtet werden, die genetische Vielfalt und die Artenvielfalt der Kulturpflanzen und Nutztiere muss wieder drastisch erhöht werden. Der Humusgehalt der Böden muss deutlich erhöht und damit das Bodenleben angekurbelt werden. Nebenbei bindet der Humusaufbau auch große Mengen an CO2. Zentral ist auch eine dringend notwendige Vermeidung von Lebensmittelverlusten, denn in den sogenannten „entwickelten Ländern“ werden heute zu viele Lebensmittel weggeworfen. Auch die deutliche Reduktion des Fleischkonsums ist unvermeidbar – der von früher bekannte „Sonntagsbraten“ wird wieder salonfähig. Schließlich landen bei der sogenannten „Veredelung“ je nach Tierart nur ca. 10% der in den Futtermitteln enthaltenen Energie und Nährstoffe  im Fleisch. Es sind keine einzelnen Schrauben, an denen gedreht werden muss. Nein, es handelt sich um nicht weniger als ein gesamtgesellschaftliches und globales Umlenken hin zu ressourcenschonendem Wirtschaften. Der Begriff „enkeltauglich“ beschreibt dieses Ziel anschaulich.

Dabei macht der Referent als Hauptakteur nicht die Politik aus. Als wichtigsten Motor sieht er die aufgeklärte Zivilgesellschaft, die zukunftsweisende Veränderungen einfordern und mitgestalten muss und wird. Ein Beispiel sind die in vielen Städten weltweit sich gründenden Ernährungsräte, die sich um die Versorgung ihrer Städte mit gesunden Nahrungsmitteln aus der Region rund um die Städte voran treiben wollen.

In der Zukunftsvision des Institutes für Welternährung heißt es u.a.: Eine nachhaltige Landwirtschaft „verlangt hohe Kompetenz, und umfangreiches Wissen über biologische und ökologische Zusammenhänge. (… ) Der Beruf der Bäuerin und des Bauern genießt hohe Wertschätzung ebenso wie ihre Produkte. Die Produkte der Landwirtschaft werden so gut bezahlt, dass alle Beteiligten in der Nahrungskette ein auskömmliches Einkommen haben.“ Damit erhielte die Landwirtschaft wieder den Rang, den sie in den vergangenen Jahrzehnten verloren hat:  weg vom fremdgesteuerten Produzenten von Billigrohstoffen hin zu dem zentralen Wirtschaftszweig der Gesellschaft – denn eine gesunde und ausreichende Ernährung ist und bleibt die Grundlage allen weiteren gesellschaftlichen Tuns – auch wenn diese Tatsache den meisten Menschen heute nicht mehr bewusst ist.

Weitere Informationen unter http://institut-fuer-welternaehrung.org/

Text: Dr. Anja Oetmann-Mennen

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