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Evangelische Altenheimseelsorge in Rheine - Pfarrerin Britta Meyhoff berichtet über ihre Eindrücke in Zeiten der Pandemie

Die Altenheimseelsorge begleitet Menschen, deren Lebenssituation durch Alter, Krankheit und Pflegebedürftigkeit geprägt ist. Sie hat den diakonischen Auftrag, insbesondere Seniorenheimbewohnern, seelsorgliche Unterstützung und Orientierung anzubieten. Die dritte Welle der Pandemie greift um sich. Wie wirkte und wirkt sich die Pandemielage - von der harten Lockdown-Phase im Frühjahr 2020 mit den radikalen Besuchseinschränkungen bis zur vorsichtigen Öffnung und der Impfung von Bewohner*innen und Mitarbeitenden seit Anfang des Jahres 2021 - auf die Arbeit der Altenheimseelsorge aus?

Öffentlichkeitsreferentin Christine Fernkorn sprach mit Pfarrerin Britta Meyhoff über ihren Arbeitsalltag. Britta Meyhoff ist Gemeindepfarrerin in Rheine-Mesum. Sie ist als Altenheimseelsorgerin im Jakobi-Seniorenzentrum, im Coldinne-Stift und im Mathias-Stift Mesum tätig. Ihr Arbeitsschwerpunkt liegt im ev. Jakobi-Seniorenzentrum. Zu den Einrichtungsleitungen und Pflegeeinrichtungen gibt es gute Kontakte und regelmäßige Gespräche. Bei den freien Trägern ist Pfarrerin Meyhoff eher mit dem Sozialen Dienst im Gespräch. Im katholischen Haus (in dem nur wenige evangelische Bewohner*innen wohnen) ist sie im Austausch mit der katholischen Seelsorge. So werden beispielsweise gemeinsame Aktionen geplant.

Wie hat sich die Situation in den Pflegeheimen seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie verändert und im Laufe des letzten Jahres entwickelt?

Die Situation in den drei Altenpflegeinrichtungen, in denen ich tätig bin, habe ich sehr unterschiedlich wahrgenommen und erlebt. Gerade zu Beginn war es kaum möglich, die Bewohner*innen zu besuchen. Seelsorgerliche Begleitung war zu Beginn der Pandemie, selbst bei Sterbenden, kaum möglich. Das gottesdienstliche Angebot wurde komplett eingestellt.

Im Laufe des Jahres war es in den Heimen ein auf und ab. Die Bewohner*innen vereinsamten immer mehr, da auch die Angebote des sozialen Dienstes kaum noch stattfinden konnten, Besuche von Angehörigen untersagt waren und seelsorgerliche Begleitung meinerseits face to face nicht möglich war. Erschwerend kommt hinzu, dass die in den Altenheimen lebenden Menschen durch digitale Medien nicht erreichbar waren.

Im Sommer 2020 waren dann lange Zeit bei gutem Wetter Gottesdienste in den Parks und Gärten der Altenpflegeeinrichtungen möglich. Auch seelsorgerliche Besuche in kompletter hygienischer Bekleidung (Maske, Handschuhe und Kittel) waren erlaubt. Aber gerade diese Bekleidung erschwerte den Zugang zu den Bewohner*innen, da ich kaum erkannt wurde. Ende Oktober schlossen sich die Türen wieder komplett.

Im Januar 2021 starteten dann die Impfungen. Seit diesem Jahr ermöglichen mir vor allem die Schnelltests einen Zugang zu den Menschen in den Altenheimen. Wenn auch mit Maske sind nun wieder Begegnungen möglich. Gottesdienste sind allerding zurzeit immer noch nicht wieder durchführbar.

Wie gestaltet sich Ihre Arbeit in der jetzigen Pandemiesituation?

Meine Arbeit hat sich sehr an den Schreibtisch verlagert: an PC und Telefon. Da das Feiern von Gottesdiensten in allen Heimen kaum möglich war und ist, verfasse ich jede Woche für alle Häuser eine kleine Andacht mit einer Ansprache, die dann auf den Wohnbereichen verteilt oder den Bewohner*innen vorgelesen wird. Des Weiteren gibt es immer wieder mal kleine Schreiben des Dankes und der Ermutigung an die Pflegekräfte. Besonders in der evangelischen Pflegeeinrichtung haben sich die seelsorgerlichen Einzelgespräche auf den Zimmern der Bewohner*innen verstärkt. Ebenso gibt es hier regelmäßige Gespräche mit der Einrichtungsleitung. Mit den anderen Einrichtungen bin ich mit Leitung und dem Sozialen Dienst über E-Mails in regelmäßigem Kontakt.

Wie geht es den Senior*innen in den Heimen?

Es ist immer noch so, dass die Vereinsamung der alten Menschen ein großes Problem darstellt. Natürlich dürfen wieder Angehörige nach einem Schnelltest zu Besuch kommen. In einigen Heimen darf man sich mittlerweile dazu auf den Zimmern treffen - in anderen nur in speziellen Besucherräumen. Es gibt nur wenige bis gar keine Angebote, um sich zur Geselligkeit, Fitness, gemeinsames Kochen, Gesprächsrunden, Feste, Gottesdienste oder gar zum Singen zu treffen. Dadurch fehlt oft in den Einrichtungen eine Tagesstruktur. Es wird noch dauern bis solche Aktivitäten wieder offen für alle so angeboten werden können.

Dürfen die Verwandten in der jetzigen Lage ihre Angehörigen in den Seniorenheimen besuchen?

Mit einem negativen aktuellen Schnelltest dürfen die Angehörigen die Bewohner*innen besuchen. Die Heime bieten zu bestimmten Zeiten an mehreren Tagen den Angehörigen diese Schnelltests an. Es ist aber immer noch so, dass nur ein Angehöriger zu Besuch kommen darf.

Brauchen die Mitarbeitenden in der Pflege auch Ihre seelsorgliche Unterstützung?

Diese Gespräche werden ganz unterschiedlich eingefordert. Manchmal ergibt sich ein Gespräch in den Dienstzimmern oder auf dem Flur. Ich habe aber den Eindruck, dass der pflegerische Alltag gerade in der Pandemiezeit viel Kraft gekostet hat und immer noch kostet. Oft ist ein Wort zur Wertschätzung der pflegerischen Arbeit wichtig. Darum habe ich auch am 1. Mai 2021 zum Tag der Pflege an die Pflegekräfte ein kleines Dankeschön überreicht.  Dies geschieht immer in Kooperation mit meinen Kolleg*innen im Gemeinde-pfarramt. Durch meine geteilte Stelle (50 % Altenheimseelsorge 50 % Gemeinde Jakobi) gibt es da einen regen Austausch und ein gutes Miteinander.

Was meinen Sie, wurde durch die Pandemie der sensible Umgang miteinander verstärkt?

Zu Beginn der Pandemie haben sich alle Pflegeeinrichtungen aus Angst vor Ansteckung sehr abgeschottet. Auch für die Seelsorge schlossen sich die Türen. Seelsorge wurde nicht als systemrelevant eingestuft. Ich stand auf gleicher Stufe mit den Angehörigen und anderen Dienstleistern, die ins Haus kommen. Das war enttäuschend und frustrierend.  Ich habe aber mit allen Häusern, in denen ich tätig bin, immer wieder das Gespräch gesucht und danach haben sich Türen wieder geöffnet. Es gab zu jeder Zeit eine hohe Wertschätzung der Seelsorge. Die Einrichtungsleitungen waren oft mit der Umsetzung der Verordnungen und Erlasse so eingespannt, dass es kaum möglich war, auch noch Sonderbedingungen für die Seelsorge zu ermöglichen. An diesen Punkt muss sicherlich nach der Pandemie noch einmal genauer geschaut werden, um zu erreichen, dass auch Seelsorge innerhalb der Einrichtungen als systemrelevant eingestuft wird.

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