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Jakobi-Treff zum Thema „Kirche und Politik in den USA“ - „Kirche muss Wege für den Dialog suchen“

„So help me God“- Mit diesem Satz endet die Vereidigung des US-Präsidenten, in der er schwört, mit Gottes Hilfe das Amt gewissenhaft auszuüben. Dessen Hilfe scheint der gegenwärtige Präsident Donald Trump besonders nötig zu haben, betrachtet man die Nachrichten zurzeit.

200.000 Tote durch oder mit dem Corona-Virus, 40 Millionen Arbeitslose und ein tiefgespaltenes Land mit Protesten, die teilweise an einen Bürgerkrieg erinnern. Doch welche Rolle spielt die Kirche in den USA bei alldem und wie positioniert sie sich zur Politik? Mit diesen Fragen beschäftigte sich der Jakobi-Treff am 22. September in der Jakobi-Kirche in Rheine. Dort hielt Pfarrer Andreas Müller, Schulreferent des Kirchenkreises Unna und langjähriges Mitglied des landeskirchlichen Partnerschaftsausschuss mit der United Church of Christ in Ohio, Indiana und Kentucky, ein Referat zum Thema „Kirche und Politik in den USA“.

Karl Wilms, von der evangelischen Kirchengemeinde Jakobi zu Rheine, begrüßte als einer der Organisatoren der Veranstaltung die Besucher in der Kirche nach der langen Corona-Pause. Er freute sich, dass mit Andreas Müller ein echter USA-Experte zu diesem Thema referieren würde, der durch seine Kontakte in die Staaten einen guten Einblick zur Situation von Kirche und Politik habe.

Zu Beginn seines Vortrages erzählte der Referent, wie sehr ihn die Rede von Martin Luther King am 4. April 1963 als junger Mann beeindruckt habe. Er verglich sie mit dem Buch Jesaja 25, 8-9 und machte damit deutlich, dass Religion dort eine wichtige Rolle gespielt habe, um für Freiheit und die Gleichstellung von Schwarzen und Weißen zu kämpfen. „Um zu sehen, welche Rolle Kirche in der Politik der USA spielt, muss man allerdings nicht ganz so weit in die Vergangenheit blicken“, sagte Müller im Anschluss und verwies auf das Foto von Donald Trump, welches er vor der National Cathedral in Washington im Zuge seines Wahlkampfes gemacht habe. Durch dieses Foto hätte es einen großen Riss in der Kirche der USA gegeben, betonte der Referent. Viele Bischöfe seien empört über diese Aktion gewesen und werfen Trump vor, er habe Gott und die Kirche für sich ausgenutzt. Andere Geistliche wiederrum hätten Trump und seine Aktion verteidigt, führte Müller weiter aus. „Trump spaltet die Kirche sehr stark. Das Verhältnis von den Kirchenmitgliedern, die zu ihm halten und denjenigen, die sich gegen ihn aussprechen, liegt bei 50:50“, bekräftigte er.

Warum die Kirche, was die Politik von Trump anbelangt, so gespalten ist, verdeutlichte Müller anhand eines Tortendiagramms. Dies zeigt, dass die evangelische und katholische Kirche in den USA in viele kleinere Religionsgemeinschaften geteilt sind. „Diese Gemeinden sind für viele Amerikaner wichtiger, als die Kirche selbst. Bei einem Gemeindetreffen auf lokaler Ebene können schon mal bis zu 60.000 Mitglieder zusammenkommen“, erzählte Müller. Es seien vor allem diese Gemeinden, die Trump wählen und homophobe und rassistische Tendenzen haben, betonte er. Die Menschen jedoch, sage Müller, die sich zur Kirche bekennen und keiner untergeordneten Gemeinde angehören würden, seien eher Gegner von Trump und würden die demokratische Partei unterstützen.

In einer abschließenden Fragerunde brachten einige der zahlreichen Besucher der Veranstaltung ihre Sorge zum Ausdruck, dass der gegenwärtige US-Präsident wiedergewählt werde könne und dieser die USA durch Rassismus und Gewalt noch mehr spalte als es ohnehin schon der Fall sei. Auf die Frage, welche Rolle die Kirche dort einnehmen müsse, antwortete Müller, „Egal wer die Wahl gewinnt, die Kirche muss die Wahrheit aufdecken und Wege für einen gemeinsamen Dialog suchen und finden“.

Text: Michael Hinrichs

 

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