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„Menschen brauchen Menschen“

„Die wachsende Individualisierung, Mobilität und Vielfalt unserer Gesellschaft hat Heimat zu einem Sehnsuchtsbegriff gemacht“, ist Cornelia Coenen-Marx überzeugt. Die Pfarrerin, Publizistin und Oberkirchenrätin i.R. der EKD, war Mitte November auf Einladung des Ausschusses für Frauenfragen und der Evangelischen Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Tecklenburg in Westerkappeln zu Gast. Kulisse ihres Vortags zum Thema "Sorgende Gemeinschaften" war das Frauenfrühstück, zu dem die Organisatorinnen mehr als 40 Frauen aus dem gesamten Kirchenkreis begrüßten.

Nach dem ausgiebigen kulinarischen Genuss mündete die Veranstaltung in ein Arbeitsfrühstück. Die Referentin Coenen-Marx wies in ihrem Vortrag “Wo ich dazu gehöre: Gemeinschaft leben – Nachbarschaft gestalten” darauf hin, dass auch Menschen, die lange an einem Ort wohnten, sich angesichts rasanter Veränderungen in ihrer Umgebung fremd fühlten. Viele, nicht nur ältere Menschen seien einsam, weiß die Referentin aus ihrer langen Berufserfahrung. “Menschen brauchen Menschen, um zu gesunden”, macht sie deutlich. Viele sehnen sich nach Familie, die heute in vielen verschiedenen Modellen gelebt werde. Obwohl die Sorge- bzw. Care-Arbeit, die oft in Familien übernommen werde, sehr anspruchsvoll sei, sei sie unterbewertet, weil es nicht um die Herstellung eines Produktes oder eine Dienstleistung gehe, beklagt sie.

Zudem seien Familien angesichts beruflicher Erwartungen und wachsender Mobilität erheblichen Zerreißproben ausgesetzt, beschreibt Coenen-Marx das Dilemma.

“Wahlverwandtschaften”, aber auch Freundschaften und Nachbarschaften würden an Bedeutung gewinnen und zu “Caring Communities” für diejenigen werden, die keine Familie vor Ort haben oder deren Familie die Sorge nicht leisten könne. "Sorgende Gemeinschaften" seien zu einem internationalen Leitbegriff geworden, wenn es darum gehe, auf regionaler und lokaler Ebene Verantwortungsstrukturen neu zu beleben, führte die Referentin aus. Im Fokus stehe dabei “wechselseitige Unterstützung” und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen - “für sich selber, für andere und auch für die gesellschaftliche Entwicklung”. Wichtig sei vor allem, rechtzeitig Netzwerke zu knüpfen und anderen Gutes zu tun, und nicht abzuwarten, bis man Hilfe benötige.

Coenen-Marx lud die Frauen dazu ein, sich an den Tischen über die Situation in ihren jeweiligen Lebensumfeldern auszutauschen und ihre Sorgen sowie Wünsche und Hoffnungen zu formulieren. In den ortsgemischten Runden trugen die Frauen zusammen, wo der Schuh in den Kommunen, aber auch in den Kirchengemeinden drückt. Fehlende Begegnungsstätten und schlechte Busverbindungen scheinen in beinahe allen Kommunen ein Problem zu sein. Die Frauen stellten aber auch fest, dass es in den meisten Orten viele Angebote in Kitas und Schulen, ein lebendiges Vereinsleben und jede Menge Potenzial für “Caring Communities” gebe.

Text: Dietlind Ellerich

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