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Mit Gottes Segen über den Asphalt - Achter Lienener Motorrad-Gottesdienst gut besucht wie nie

Die Mittagssonne wird von den Lenkern, Spiegeln und Auspuffen der Aberdutzenden Motorräder auf dem Lienener Kirchplatz zurückgeworfen. „Eine Woche lang haben wir für dieses herrliche Wetter gebetet“, verrät Pastoralreferent Norbert Brockmann augenzwinkernd. Sein Blick wandert über das Meer aus Lack und Chrom, die fachsimpelnden Biker in ihrer Lederkluft. „LiMoGo“ ist, betrachtet man die Kennzeichen der Maschinen, selbst in weiter entfernten Landkreisen mittlerweile ein fester Begriff. Die Abkürzung steht für den ökumenischen Lienener Motorrad-Gottesdienst, der am 19. Mai bereits zum achten Mal stattfand.

Die Veranstalter haben wieder ganze Arbeit geleistet, besonders der Chor „Miteinander“ aus Tecklenburg trägt mit seinem Gesang durch den Gottesdienst – das nachdenkliche „Möge die Straße uns zusammenführen“ ebenso wie das optimistische „We are marching in the light of God“, in dem viele Mitsingende spontan „marching“ durch „driving“, marschieren durch fahren, ersetzen.

So viele Besucher wie in diesem Jahr seien es noch nie gewesen, freuen sich Brockmann und seine evangelische Kollegin Verena Westermann auf der eigens errichteten Bühne neben der Kirche. Beileibe nicht nur Biker tummeln sich zwischen Imbissstand der Landfrauen und Live-Musik. Auch viele Lienener Bürger bewundern die PS-starken Zweiräder und schmunzeln über den Psalm für Motorradfahrer. „Bewahre uns vor Punkten in Flensburg, vor den Laser- und Radarfallen der Polizei“, heißt es dort. Doch da müssen sich die wenigsten Gedanken machen: die Zuneigung zum Bike ist viel zu groß, um einen einkassierten Lappen zu riskieren.

Brockmann nimmt die einzelnen Marken genüsslich auf die Schippe – egal ob BMW oder Harley, jeder Fahrer bekommt sein Fett weg. Und doch verstehe er die Hätschelei der Stahlrösser gut, denn auch die Hingebung an das eigene Motorrad sei eine Form von Liebe. „Eure Maschine vermittelt ein Bild von euch selbst“, erklärt Brockmann. Durch Zubehör und individuelle Ausstattung sei jedes Motorrad letztlich so einzigartig wie sein Fahrer. „Macht etwas aus euren Talenten!“, fordert er daher in seiner Predigt auf. Das biblische Gleichnis der drei Diener aus dem Matthäus-Evangelium stehe für diesen Gedanken Pate: wie die Diener unterschiedliche Begabungen zeigten, mit dem Geld ihres Herrn umzugehen, so kenne ein Fahrer gute Strecken, ein anderer sei ein guter Schrauber und wieder ein anderer habe ein Händchen für die richtige Versicherung. „Bleibt nicht alleine, tut auch anderen etwas Gutes!“, appelliert Brockmann. Doch auch eine Mahnung gibt er den Bikern mit auf den Weg: Individualität habe ihre Grenzen. Lärmbelästigung und fehlende Rücksichtnahme, wie sie im Tecklenburger Land leider häufiger vorkomme, schade nur dem Ruf der Fahrbegeisterten.

Die Unfallgefahr ist immer präsent. Sicherlich auch deswegen spenden viele für die Kollekte, die – stilecht im Motorradhelm gesammelt – der Notfallseelsorge im Münsterland zugute kommen wird. Damit jeder der Anwesenden im Jahr 2019 von seinen Touren sicher in die heimische Garage kommt, segnet er Mensch und Maschine zum Abschluss. Schnell ist das Weihwasser verdampft, als die Motoren angelassen werden. Knatternd, schnurrend und röhrend rollen die Feuerstühle Richtung Ortsausgang. In Kolonnenformation machen sie sich auf zur anschließenden Ausfahrt über die sonnigen Straßen des Münsterlandes – driving in the light of God.

Text: Dario Sellmeier

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