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Mit Musik Kraft und Hoffnung spenden - Lesung und Konzert mit Aeham Ahmad in Ibbenbüren

Aeham Ahmad, bekannt als „der Pianist aus den Trümmern“, erzählt in seiner Autobiografie „Und die Vögel werden singen“ eindrucksvoll davon, wie er in seinem zerstörten syrischen Heimatort Yarmouk dem Bombenhagel trotzte. Im palästinensischen Viertel von Damaskus schenkte er den Zuhörern mit seiner Musik für kurze Zeit Freude und Kraft.

Die Bewohner waren von allem abgeschnitten – von Wasser, Strom, Brot und Reis. Der tägliche Überlebenskampf und die Angst vor Bombenangriffen machten die Bewohner müde und krank. Ahmad lenkte auf seinem verstimmten Klavier und mit verletzten Fingern vor allem die Kinder eine Weile von den Schrecken des Bürgerkrieges ab. Ein Foto von ihm, wie er im Jahr 2014 auf einer Straße inmitten von Trümmern am Klavier sitzt und singt, berührte Menschen auf der ganzen Welt. „Music For Hope“ - so steht es auf seiner Homepage.

Am 19. März 2023 war der Pianist und Buchautor auf Einladung der ökumenischen Flüchtlingshilfe „Café International“ in Ibbenbüren im evangelischen Gemeindehaus „blick.punkt“ zu Gast. Eva-Maria Steilmann und Ingeborg Paul begrüßten die über 200 Besucher im Namen des ehrenamtlichen Teams. Seit 2016 ist das Café in der Alten Schule ein Treffpunkt für Menschen aus aller Welt, um ins Gespräch zu kommen, sich zu vernetzen und Kontakte zu knüpfen.

Aeham Ahmad wurde von seinem Vater, einem blinden Geiger und Instrumentenbauer, in die Welt der Musik eingeführt. Er lernte früh Klavier spielen und studierte an der Baath-Universität in Homs Musik. Im April 2015 wurde Yarmouk von Kämpfern des „Islamischen Staates“ eingenommen. Er musste hilflos mit ansehen, wie sie bei einer Straßenkontrolle sein Klavier mit Benzin übergossen und anzündeten. „Ich fühlte mich, als hätten sie meinen Freund getötet“, so Ahmad. Daraufhin habe er beschlossen, seine Heimat zu verlassen, schreibt er in seinem Buch. Norbert Witzke las während des Konzertes einige Passagen daraus vor, die dem Foto Leben einhauchten und eine Ahnung davon vermittelten, warum Menschen alles aufgeben und ihre Heimat verlassen.

Aeham Ahmad kam 2015 allein auf gefährlichen Wegen nach Deutschland und erhielt im selben Jahr in Bonn den „Internationalen Beethovenpreis für Menschenrechte, Frieden, Freiheit, Armutsbekämpfung und Inklusion“. Er trage dazu bei, mit Musik Kulturen zusammenzubringen und Geflüchteten weltweit eine Stimme zu geben, würdigte ihn der Laudator. Inzwischen ist Ahmad wieder mit seiner Frau Tahani und den Kindern vereint und wohnt in Warburg. Dort arbeitet er in einer Schreinerei und freut sich über Einladungen zu Konzerten in Deutschland, Europa oder Japan.„Wir können die Welt durch die Kraft der Musik verändern“, daran glaubt er fest.

Mit virtuosem Klavierspiel und inbrünstigem Gesang in hocharabischer Sprache begeisterte der Künstler das Ibbenbürener Publikum. Es spürte Trauer, Schmerz, Hoffnungslosigkeit und Wut, die aus seinen eigenen Kompositionen sprachen und sich in Moll-Akkorden niederschlugen. Doch auch Freude brach sich Bahn. Amüsiert hörten die Besucher „Alle meine Entchen“ und sangen „Die Gedanken sind frei“. Für die Pause hatten ausländische Mitbürgerinnen kleine Snacks vorbereitet, der Autor signierte in entspannter Atmosphäre seine Bücher.

Ergriffen lauschten die Gäste der unendlich traurigen Geschichte, die ein Honigverkäufer für seine gestorbene Frau geschrieben hatte. Als Ahmad die vertonte Geschichte für ihn in Yarmouk spielte, begannen drei Vögel zu singen – ein kleines Wunder in Zeiten des Krieges. Seine klassische Ausbildung erlaubte es ihm, Beethovens „Ode an die Freude“ und Mozarts „Rondo alla Turca“ in einem Stück zu vereinen und mit großer Spielfreude auf eigene Art zu interpretieren. Melancholische Balladen, Jazzimprovisationen, ein Schlaflied gemeinsam mit seinen Kindern Kinan (8) und Zahrah Hannah (3) sowie die Verschmelzung arabischer und europäischer Stilrichtungen wurden von den Zuhörern mit stehendem Beifall belohnt. 500 Euro aus der eingegangenen Spendensumme kommt den Erdbebenopfern in Syrien zugute.

Text: Brigitte Striehn

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