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Ostern 2022

„Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt; ist das nicht ein Fingerzeig, dass die Liebe bleibt? Dass das Leben nicht verging, soviel Blut auch schreit, achtet dieses nicht gering in der trübsten Zeit. Tausende zerstampft der Krieg, eine Welt vergeht. Doch des Lebens Blütensieg leicht im Winde weht. Freunde, dass der Mandelzweig, sich in Blüten wiegt, bleibe uns ein Fingerzeig, wie das Leben siegt.“ (Shalom Ben-Chorin)

Einmal zur Mandelblütenzeit nach Mallorca. Das steht für mich noch auf der Liste der erstrebenswerten Dinge, die zu erleben sich lohnen würde. Während bei uns noch alles im kalten Winterschlaf steckt, in südlichen Gefilden schon die Wärme spüren und die Boten des Frühlings genießen. Das hätte was! Ich weiß nicht, ob mir diese Reise zu passender Zeit noch mal gelingt. Denn so vieles ist ja unsicher geworden in dieser Zeit.

Die letzten zwei Jahre haben uns schon viel abverlangt. Die Corona-Pandemie hat die Welt aus ihren Gewohnheiten gerissen. Mit ihr kroch uns die Unsicherheit in den Leib, in welcher Weise wir denn überhaupt noch in die Zukunft planen können. Alle Vorhaben plötzlich nur noch unter Vorbehalt, jeder Zukunftsgedanke mit dem Vorzeichen versehen: Ja, wenn es denn überhaupt geht, wenn die weitere Entwicklung es zulässt!

Das Vertrauen in die Verlässlichkeit der Dinge hat darunter gelitten. Auch das eigene Sicherheitsgefühl und die Lebensfreude.

Nicht einmal Ostern konnten wir in den letzten zwei Jahren richtig feiern. Die Einschränkung war unser ständiger Begleiter. Aber auch die Hoffnung war immer mit dabei, dass irgendwann eine Zeit kommt, in der wir wieder aufatmen und befreiter leben können.

Jetzt, da das Aufblühen zum Frühjahr greifbar nahe ist, schockiert uns aber das nächste Weltenbeben. Der Krieg in der Ukraine ist viel zu nah, als dass ich mich davon nicht betroffen fühlen könnte. Er weckt schreckliche Erinnerungen an das Kriegsleid, das auch meine eigene Familiengeschichte durchzogen hat. Und die Menschen, die aus den umkämpften Gebieten zu uns fliehen, stellen mir anschaulich vor Augen, was es bedeutet, alles zu verlieren und nichts als das nackte Leben zu retten.

„Tausende zerstampft der Krieg“ – Wie kann man da vom Frühling träumen, wenn es für so viele Menschen bitterkalt ist?

„Zur Nacht hat ein Sturm alle Bäume entlaubt

Sieh sie an, die knöchernen Besen.

Ein Narr wer bei diesem Anblick glaubt

Es wäre je Sommer gewesen.

Und ein größerer Narr, wer träumt und sinnt

Es könnt je wieder Sommer werden.

Und grad diese gläubige Narrheit, Kind,

ist die sicherste Wahrheit auf Erden.“

Das Gedicht „Augenschein“ stammt von Ernst Ginsberg. Ich mag es sehr, weil es mir aus dem Wesen der Natur einen Grund zur Hoffnung gibt.

Das Leben spiegelt uns in manchen Phasen den scheinbar endlosen Karfreitag. Nichts als Kälte und Dürre. Aber so wie aus knöchernen Besen im Frühling wieder blühende Zweige entstehen, wird auch das Leiden und der Tod in unserem Leben nicht ewig sein. Die Natur zeigt uns nur, was uns der Glaube auf andere Weise zu verstehen gibt: Wir sind nicht für den Tod gemacht, sondern für das Leben.

Die Ostergeschichte bringt mir genau das in Herz und Verstand. Gott hat den Tod besiegt in Jesus Christus. Seine Auferstehung ist mein Hoffnungslicht in düsterer Zeit.

Verlieren wir deshalb gerade in diesen Tagen nicht die Hoffnung. Feiern wir das Leben gerade jetzt. Lassen wir es Ostern werden. Genießen wir den Frühling, die erste Wärme und die Blütenpracht. Freuen wir uns an der erwachenden Natur und nehmen es als Zeichen, dass das Leben siegt und die Liebe bleibt.

Ich wünsche Ihnen ein frohes und gesegnetes Osterfest.

Ihr

André Ost,

Superintendent

 

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Erstellungsdatum: 14.04.2022