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Sehnsucht nach Frieden und ein wenig Glück

Drei orchestrale Tonbilder, Filmsequenzen, Fotos und Lesungen vermittelten am 22. Oktober in der evangelischen Friedenskirche in Lotte-Büren ein vielschichtiges Gemälde von einem Europa, das seit Jahrhunderten gleichermaßen Sehnsuchts- und Schreckensort ist. In seinem szenischen Musiktheater „Ach Europa!“ spannt Professor Dr. Norbert Ammermann musikalisch wie literarisch den Bogen von der griechischen Mythologie bis zur schwierigen europäischen Gegenwart.

Veranstalter waren die Evangelische Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Tecklenburg und „Religions for Peace“ Osnabrück mit Unterstützung des Büros für Friedenskultur Osnabrück. Der „Osnabrücker Friedenstag 2020“ bildete den Rahmen.

Szenische Lesungen der Sage von Europa, von Liebesliedern und Analysen zum Europäismus wurden von einem sinfonischen Klangteppich zu den Themen „Der Stier“, „Der Liebhaber“ und „Gott“ unterlegt. Über den Computer eingespielt, begleitete das Virtual Orchestra Memphis/USA das Konzert. Zum Auftakt las Dr. Hans-Hermann Tiemann Ausführungen zur Europa-Frage von Ernst Troeltsch (1865 – 1923). „Die ganze Weltgeschichte der Neuzeit ist nur möglich als Beziehung des Planeten auf den Europäismus und sein Schicksal“, schrieb der Theologe, Kulturphilosoph und Politiker 1922.

In der „Ilias“ von Homer finden sich die ältesten Hinweise auf die Entführung des Mädchens Europa durch den Göttervater Zeus. Der griechische Dichter Moschos nahm sich der Sage ebenso an wie Ovid, ein bedeutender Poet der antiken römischen Literatur. Auf die drei Fassungen bezog sich Tiemann in seinem Vortrag der Sage von der phönizischen Prinzessin Europa, die zur Königin von Kreta und zur Namensgeberin des Kontinents wurde.

Den Bezug zur Gegenwart veranschaulichte Irmhild Köster mit Berichten von Flüchtlingen, die das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR veröffentlicht hat. Wie das Fliehen vor Krieg und Elend zur tödlichen Falle werden kann, erzählten Doaa und Lava aus Syrien. Die jungen Frauen riskierten ihr Leben, Doaa verlor ihren Verlobten Bassem in den Fluten des Mittelmeeres. „Wir sind nicht freiwillig geflohen“, betont Lava, die in Griechenland das Nötigste zum Überleben fand, am Ende ihrer Geschichte. Der erschütternde Hilfeschrei zweier Jungen aus Guinea, die auf der Flucht im Fahrgestell eines Flugzeugs erfroren, verwies auf die Verantwortung Europas für den afrikanischen Kontinent. „Wir brauchen Sie, um die Armut zu bekämpfen und den Krieg in Afrika zu beenden,“ schrieben der 15-jährige Yaguine Koita und der ein Jahr ältere Fode Tounkara in einem Brief, den sie bei sich trugen.

Europa ist für Flüchtlinge das rettende Ufer. Dies verdeutlichte Ammermann, Kulturbeauftragter des Evangelischen Kirchenkreises Tecklenburg, in der Musik und den eingeflochtenen filmischen Episoden. Im Konzertführer beschreibt er die Idee: „Das erste Bild, „Der Stier“, im unsteten, bruchhaften 7/4-Takt gehalten, ist vom Blech und  Schlagwerk dominiert, ein drängendes Motiv bestimmt die musikalische Entwicklung – unterbrochen von einem Blick in den Himmel der griechischen Götterwelt.“ Filme und Fotos vom sturmgepeitschten Meer, romantischen Sonnenaufgängen, berühmten Kunstwerken, Wolkenbildern oder Liebespaaren spiegelten die musikalischen Einfälle wider und schufen ein überaus emotional-visuelles Erlebnis für die Zuhörer.

Im zweiten Teil rezitierte Ursula Fenger-Mangerich Texte von Liebesliedern aus Griechenland, Norddeutschland, Portugal oder Schweden. Anschließend wurden sie den Zuhörern in musikalischer Form und mit Fotos sehr gefühlsbetont nahegebracht. Zum Abschluss schufen die orchestrale Besetzung mit Streichern und der Chor eine Hymne, die aus fernen Zeiten herüberklang.

Professor. Dr. Reinhold Mokrosch, Sprecher der Ortsgruppe "Religions for Peace, Osnabrück" sprach dem Team Dank und Anerkennung für die phantastischen Überlegungen der Tondichtung aus. Eine Aufzeichnung des Konzerts steht als Live-Stream unter https://youtu.be/dUooboYDDNw zur Verfügung.

Text: Brigitte Striehn

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