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Superintendent André Ost plädiert für Einsicht, ein Umdenken und die Bereitschaft zum Wandel

Superintendent André Ost hat die Synodalen zur Eröffnung der Online-Kreissynode des Ev. Kirchenkreises Tecklenburg zu einer Vision einer zukunftsoffenen Kirche aufgerufen. „Diese Kirche hat Zukunft, wenn sich auch die junge Generation mit ihr verbindet und Verantwortung übernimmt“, ist sich der Superintendent sicher.

In seinem Bericht nahm er Bezug auf die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die kürzlich unter dem Motto „Kirche hat Zukunft“ tagte. Mit der Wahl der neuen jungen Synoden-Präses Anna-Nicole Heinrich habe die EKD-Synode ein zuvor nicht zu erwartendes Aufbruchszeichen gesetzt, betonte er.

„Als Kirche müssen wir manchmal durch die Erfahrung von Abbruch und Trauer hindurch. Dieses Empfinden kann und darf man nicht überspringen“, machte Superintendent André Ost in seinem jährlichen Bericht über Entwicklungen im Kirchenkreis deutlich. Doch jenseits aller niederdrückenden Erfahrungen gebe es einen Zukunftshorizont, dem Christen mit einer positiven Erwartungshaltung begegnen sollten. „Denn es ist eine Erfahrung des Glaubens, dass Gott sich uns zu allen Zeiten und unter allen Umständen offenbaren wird. Auch mit einer strukturell veränderten Kirche wird er mit uns auf dem Weg sein“, so der leitende Theologe.    

Damit nahm er Bezug auf die Situation der Emmaus-Jünger, die am Ostertag die Nachricht von der Auferstehung gehört haben. Sie fühlen sich verlassen, haben das Gefühl, dass Gott schweigt und spüren nichts von der Anwesenheit des lebendigen Gottes. Sie sehen sich auf sich selbst geworfen. „Die Coronakrise hat uns ähnlich aus der Bahn geworfen“, betont André Ost. „Unsere kirchlichen Gewohnheiten wurden vor 15 Monaten jäh unterbrochen, als wir aufgefordert wurden, Solidarität in einer globalen Krise zu zeigen, wie unsere Generation sie noch nicht erlebt hat. Und wir haben als Kirche gemerkt, wie sehr wir mit der Welt um uns herum verwoben sind, wie sehr der Blick auf die Welt uns beeinflusst und die Welt uns als Kirche sieht“, so Ost weiter.

Gemeindeberichte zeigen, wie sehr die Coronakrise das kirchliche Leben belastet hat

„Jede Krise ist eine Herausforderung zur Besinnung und eine Chance für einen neuen Weg“, betonte der Superintendent in seinem Bericht. Je länger der kirchliche Lockdown dauerte, hätten sich auch Zweifel gemeldet, ob das der richtige Kurs sei. “Zurückhaltung, Kontaktlosigkeit wiederstreitet dem Impuls, füreinander da zu sein, Gemeinschaft zu leben und das Evangelium mit den Menschen in lebendige Beziehung zu setzen“, betonte er. „Vielleicht hat uns der kirchliche Corona-Lockdown ja nicht nur die Sehnsucht nach der möglichst schnellen Wiederaufnahme des Gewohnten gebracht, sondern auch einige Erkenntnisse für die Zukunft unserer Kirche“, meinte er.

Was ist entbehrlich und wofür wollen wir unsere Kräfte einsetzen?

Er könne die mahnenden Stimmen gut verstehen, die sagten, wir müssen doch wieder anfangen. Wir müssen zeigen, dass es uns gibt. Wir müssen die abgerissenen oder sich lösenden Kontaktfäden wieder knüpfen, sonst nehmen wir einen zu großen Schaden, so der Superintendent. Wo dies versucht wurde, etwa bei nachgeholten Konfirmationen in Ibbenbüren und Rheine in diesem Frühjahr, habe es dankbare Reaktionen gegeben, berichtet Ost. „Manches ist kaputt gegangen und lässt sich nicht mehr reparieren: Gemeindegruppen, die sich aufgelöst haben, Chöre, die nicht mehr singfähig sind. Das hilft uns aber vielleicht auch, einen realistischen Blick dafür zu gewinnen, worauf wir uns in Zukunft konzentrieren sollten. Was entbehrlich ist und wofür wir unsere Kräfte stattdessen einsetzen wollen“. Für die Partnerschaftsarbeit habe die Nutzung der digitalen Möglichkeiten einen wahren Aufschwung erfahren, betonte er. Der Lengericher Pfarrer Harald Klöpper, der den Online-Partnerschaftsgottesdienst koordinierte, sagt: “Ich habe den Eindruck, dass die Kontakte zwischen den Kirchenkreisen Otjiwarongo (Namibia), Tecklenburg und Wesel noch nie so intensiv gewesen sind“. Es hätten diverse Zoom-Konferenzen und zwei sehenswerte Video-Gottesdienste stattgefunden, die einen beeindruckenden Brückenschlag ermöglicht hätten, so Ost. 

Perspektiventwicklung für den Kirchenkreis

Was erwarten die Menschen eigentlich von uns? Wofür brauchen sie Kirche? Was sind unsere Kernkompetenzen, worin sind wir richtig gut? Unter dieser Fragestellung, die nicht den Selbsterhalt im Fokus habe, sondern den Bedarf der Menschen, die sich als zugehörig zur Kirche begreifen, sich aber womöglich nicht deutlich genug artikulieren, arbeitet seit Beginn des Jahres die Struktur-AG des Kirchenkreises. „Sie ist multiprofessionell und kirchenkreisumgreifend besetzt. Sie hat die Aufgabe, die Entwicklungen der kommenden Jahre vorauszudenken und strukturelle Lösungen vorzubereiten“, informierte der Superintendent. Dies geschehe vor dem Hintergrund des landeskirchlichen Diskussionsprozesses um die zukünftige Struktur der Kirche, denn die Herausforderungen habe der Kirchenkreis Tecklenburg selbstverständlich nicht exklusiv. 

In den kommenden zehn Jahren werde der Kirchenkreis Tecklenburg einen großen Veränderungsprozess erleben: „Die geburtenstarken Jahrgänge unserer Hauptamtlichen werden sukzessive in den Ruhestand gehen. Wir wissen heute bereits, dass es in allen kirchlichen Berufsgruppen zu wenig Nachwuchs gibt, um diese Abgänge zu kompensieren“, betonte Ost. „Die heute stark vertretene Babyboomer-Generation wird weichen, und dies hat Auswirkungen auf die Personalausstattung“.

Gemeindeübergreifende Kooperationen und Interprofessionelle Pastoralteams als zukünftiger Weg für Kirche im ländlichen Raum

Nach dem Beschluss der Kreissynode 2018 für die Pfarrstellenplanung befasse sich die Struktur-AG derzeit mit der Nachbarschaftsregion Mitte-Nordost mit den Kirchengemeinden Tecklenburg, Westerkappeln, Lotte, Wersen und Wersen-Büren. „Hier“, sagt André Ost, „lassen sich die Herausforderungen der Zukunft modellhaft aufzeigen, aber auch mögliche Lösungen entwickeln“. Für die Kirche im ländlichen Raum könne der zukünftige Weg nur über eine gemeindeübergreifende Kooperation führen, machte der Superintendent klar. In den kommenden Jahren müsse sich der Blick für Kooperationsräume weiten. „Die neuen Verhältnisse brauchen Einsicht, ein Umdenken und die Bereitschaft zum Wandel“, appellierte er an die Synodalen.

Die diesjährige Kreissynode Tecklenburg beschäftigte sich in digitalen Gesprächsgruppen intensiv mit dem Thema „Interprofessionelle Pastoralteams als Personalkonzept der Zukunft“ (IPT). Das IPT gilt in der Evangelischen Kirche von Westfalen als das Personalkonzept der Zukunft. Nach einer Erprobungsphase in 17 Teams aus verschiedenen westfälischen Kirchenkreisen mit anschließender Evaluation wird das Konzept nach dem Beschluss der Landessynode jetzt in den Regelbetrieb überführt. Damit soll der ab 2028 bevorstehende Engpass im Pfarrdienst rechtzeitig durch die Einbeziehung anderer kirchlicher Berufs-gruppen kompensiert werden. „Wenn wir das künftige Personalkonzept unserer Kirche bedenken, dann wollen wir zusammentragen, was wir darüber denken. Welche Sorgen und Anfragen wir haben, welche öffnenden Möglichkeiten wir aber auch darin sehen“, unterstreicht André Ost.     

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Erstellungsdatum: 10.06.2021