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Zwar erschöpft, aber glücklich über gute Begegnungen - Westfälische Friedenspilger machen Station in Lengerich

„Ich habe bis unterwegs viele gute Begegnungen gehabt. In unserer Pilgergruppe sind wirklich freundliche Menschen“ so fasst der Schwede Bengt-Olof Valdemo seine Erfahrungen zusammen. Der 67-Jährige Rentner ist eigens 1270 Kilometer aus Upsala angereist, um gemeinsam mit Gleichgesinnten den Ersten Westfälischen Friedenspilgerweg zu erleben.

„Meine Beine sind jetzt nach 25 Kilometern zwar müde, aber ich bin zufrieden“, meint er. 1974 war Valdemo schon mal zum Klimapilgern im Tecklenburger Land.

Zwanzig Menschen aus Syrien, dem Iran, dem Irak, Afghanistan, Afrika sowie dem Tecklenburger Land, Osnabrück und Umgebung, Münster und dem Münsterland pilgerten vom 30. August bis 1. September bei herrlichem Sommerwetter auf dem Ersten Westfälischen Friedenspilgerweg von Osnabrück nach Münster. Zusammen mit Flüchtlingen und Migranten begaben sie sich auf die Spuren des Westfälischen Friedens von 1648.

Auf der 74 Kilometer langen Route machte die interreligiöse Pilgergruppe Zwischenstationen in Lengerich und Ladbergen, wo vor über 370 Jahren wichtige Verhandlungen zur Been-digung des Dreißigjährigen Krieges stattfanden. Münster und Osnabrück seien historisch bedeutsame Orte, weil mit den dort unterzeichneten Friedensverträgen „neue Hoffnung auf die Erneuerung Europas, auf eine „Wendung zum Frieden“ entstanden sei, sagt Pfarrer Jean-Gottfried Mutombo vom Amt für Mission, Ökumene und Weltmission (MÖWe). Damals sei man zu Fuß oder mit Pferd von Osnabrück nach Münster gereist, das wolle man heute nachvollziehen.

„Ich kann nur jedem empfehlen, mal selbst zu pilgern“ meint sein Sohn, Alfred Mutombo, glücklich. Dem 20-Jährigen Studenten aus Holzwickede haben besonders die Gespräche mit den anderen Pilgern gefallen. „Zurzeit fühle ich mich der Natur besonders nahe, da war es für mich eine gute Gelegenheit, am Friedenspilgerweg teilzunehmen“ berichtet er. Unterwegs in Hasbergen habe die Gruppe sich an einer Bude mit Bockwürsten und Brötchen stärken können. In Lengerich erwartete die Pilgerinnen und Pilger ein erfrischendes Eis in der Eisdiele.  

Nach der Stärkung hatten die Pilgerinnen und Pilger Gelegenheit, sich in der kühlen Ev. Stadtkirche Lengerich einen Stempel in den Pilgerpass zu setzen. Der Stempel zeigt die Katholische Kirche St. Margareta und die Ev. Stadtkirche verbunden mit dem Stadtwappen Lengerichs. „Wir freuen uns, dass Ihr Friedenspilger bei uns Station macht“, begrüßte Pfarrer i.R. Reiner Ströver, Flüchtlingsbeauftragter des Ev. Kirchenkreises Tecklenburg, die Pilger. Er richtete Grüße des Superintendenten, André Ost, aus. „In diesem Zusammenhang dankte er Pfarrer Harald Klöpper und der Kirchengemeinde Lengerich und der Kirchengemeinde Ladbergen (die nächste Station des Pilgerwegs) für ihre Gastfreundschaft. Lengerich sei neben Osnabrück und Münster der dritte Verhandlungsort des Westfälischen Friedens gewesen. Berühmt geworden sei das „Lengericher Conclusum“ vom 11. Juli 1645. Dort wurde beschlossen, dass die Reichsstände offiziell zu den Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück zugelassen wurden, berichtete Reiner Ströver. „Hoffentlich behaltet ihr Lengerich als schönes und wichtiges Etappenziel in Erinnerung“ wünschte er sich.

In seiner Andacht erinnerte Ströver an die Sklaverei und Unterdrückung, unter der das Volk Israel leiden musste. Beim Auszug nach Ägypten seien sie von Häschern und Peinigern verfolgt worden. Nach 40 Jahren erreichten sie das Zielland, die Freiheit. Gott habe immer an ihrer Seite gestanden und sie gestärkt, oft mit Begegnung durch Menschen. Nur durch eine Reihe von Wundern hätten sie überlebt. Dem Volk war geboten, soviel vom Himmelsbrot „Manna“ zu sammeln, wie man an einem Tag zum Essen brauchte. Doch in ihrer Gier sammelten sie mehr. „Wir Reichen auf der Nordhalbkugel der Erde verhalten uns genauso“ hielt Ströver fest. „Vielleicht sogar noch schlimmer. Wir raffen und raffen, wir wollen immer mehr Wohlstand, mehr Güter, mehr Luxus“ betonte er. Das Ergebnis sei, dass wir auf Kosten der Anderen, auf Kosten der nach uns folgenden Generationen, und  jetzt schon auf Kosten vieler Völker in Afrika und Südamerika lebten. Sich einzuschränken und nachhaltig zu leben, so Ströver, sei die Devise, die zu mehr Gerechtigkeit führe.

Er verglich die Situation des Volks Israels damals mit der vieler Flüchtlinge, die heute versuchen, das Mittelmeer zu überqueren. „Über 10.000 Menschen sind dabei ertrunken“ berichtete er. Auf der Flucht seien viele Flüchtlinge von Zweifeln getrieben. Traumatische Erlebnisse während der Flucht seien für sie schwer zu verarbeiten. Oft würden Familien getrennt, berichtete Ströver. Die EU-Staaten hätten offiziell die Seenotrettung eingestellt. Nun gebe es Überlegungen seitens der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), sich an der Finanzierung eines Seenotrettungsschiffs zu beteiligen.

Kantor Christoph Henzelmann (Orgel) und der Iraner Mahdi Baushehri (Gitarre) setzten eindrucksvolle musikalische Akzente zu den Themen Frieden und Gerechtigkeit. In den Fürbitten sprachen sich Ingeborg Paul und Reiner Ströver für das neue Entdecken des Friedenspotentials der jeweiligen Religion der Juden, der Christen, der Muslime, der Jesiden, der Buddhisten und Hindus aus. Es gelte, dies für das Zusammenleben mit anderen fruchtbar zu machen.

Eine Bildstrecke zum Ersten Westfälischen Friedenspilgerweg finden Sie hier: https://www.kirchenkreis-tecklenburg.de/presseportal/bildstrecken/

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