Auf Einladung der evangelischen Kirchengemeinde Westerkappeln und der Evangelischen Erwachsenenbildung im Kirchenkreis Tecklenburg war der Politikwissenschaftler Lammert Anfang November zu Gast im Dietrich-Bonhoeffer-Haus und machte vor knapp 60 Frauen und Männern deutlich, dass er in der Krise auch eine Chance sehe. So beobachtet Lammert, dass sich zunehmend Widerstand gegen den Status quo regt.
Sein Besuch in Westerkappeln zwei Tage nach den Midterm Elections in den USA könnte nicht besser getimt sein. Und obwohl es kein eindeutiges Wählervotum gegeben habe, Trumps Kritiker enttäuscht worden seien, sieht Lammert einen Hoffnungsschimmer. Eine Wahlbeteiligung von 50 Prozent sei für eine Zwischenwahl Rekord, weiß der Politikwissenschaftler. Besonders bei den 18- bis 25-Jährigen, der inzwischen stärksten Wählergruppe hinter den Baby-Boomern, sei die Beteiligung von 18 auf 40 Prozent angestiegen. Minderheiten wie Muslime, Ureinwohner, Homosexuelle hätten zudem Einzug ins Repräsentantenhaus gehalten.
Es tue sich viel, beobachtet Lammert auch in Deutschland. „Die Menschen haben gemerkt, dass politische Apathie Konsequenzen hat“, sagt er mit Blick auf eine massive Mobilisierung der Zivilgesellschaft, auf Demonstrationen und Konzerte gegen rechte Parteien und Gruppierungen. Wie in den USA rüttele die aktuelle politische Lage auch die Menschen in Deutschland und in ganz Europa auf, bestärke sie, sich zu engagieren und Widerstand zu leisten statt sich auf Diskussionen in den sozialen Medien zu beschränken.
Es gebe Alternativen, macht Lammert seinen Zuhörern deutlich. Nicht umsonst werde aktuell wieder die „Idee Europa“ beschworen, die im Rahmen der wirtschaftlichen Globalisierung aus dem Blick geraten sei. „Es geht doch, der Staat war doch handlungsfähig“, erklärt er mit Blick auf Banken- und Staatsschuldenkrise. Die soziale Achse Europa durch die Einführung einer europäischen Arbeitslosenversicherung zu stärken, könne Bindung schaffen und zu politischer Stabilität beitragen, gibt der Politikwissenschaftler zu bedenken.
Dass die Wahlbeteiligung bei Europawahlen traditionell niedrig sei, liege daran, dass die Menschen nicht mehr verstünden, was in Brüssel passiere. „Daran müssen wir arbeiten“, ist Lammert überzeugt.
Text: Dietlind Ellerich