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Blick auf Ökumene aus kirchenhistorischer Sicht - Professor Dr. Thomas Martin Schneider referiert beim Männerfrühstück in Ibbenbüren

Wie sich Ökumene aus kirchenhistorischer Sicht im Laufe der letzten Jahrhunderte entwickelt hat, erfuhren über 50 Teilnehmer des 22. Männerfrühstücks der evangelischen Kirchengemeinde Ibbenbüren von Dr. Thomas Martin Schneider, apl. Professor für Kirchengeschichte an der Universität Koblenz.

Thema seines Vortrags am 7. Oktober 2023 war die Frage „Noch immer getrennt! Warum? – Der unerfüllte Wunsch nach Einheit der Christen“. In seinem geistlichen Impuls wies Pfarrer i. R. Reinhard Paul auf die Aufgabe der Menschen als Hoffnungsträger hin. Für viele Menschen sei Gott in der Kirche nicht mehr lebendig – fehle ihnen aber vielleicht genau dies? fragte er. Das Bibelzitat „Suchet mich, so werdet ihr leben“ aus Amos 5,4 gab eine mögliche Antwort.

Der Referent, der einige Jahre in Ibbenbüren gelebt und am Graf-Adolf-Gymnasium Tecklenburg unterrichtet hatte, erläuterte in seinem Vortrag die umfangreichen Bemühungen der Christen verschiedener Konfessionen um eine gemeinsame Grundlage für ihren Glauben. Laut Wolf-Dieter Hauschild gehöre die Differenzierung zum Wesen der christlichen Geschichte. Es sei keineswegs so, dass die Spaltung der Kirche erst mit der Reformation ab 1517 begann, stellte Professor Schneider fest. Bereits im 5. Jahrhundert entstanden die orientalischen Nationalkirchen. Als Großes Schisma wird die um 1054 erfolgte Spaltung in römisch-katholische Westkirche und orthodoxe Ostkirche bezeichnet. Ab 1517 bildeten sich selbständige reformatorische Kirchen. Die römisch-katholische Kirche veränderte sich ebenfalls, vor allem in der Folge des Konzils von Trient nach 1545.

Bei der Gründung des Weltbundes des „Christlichen Vereins Junger Männer“ (CVJM) im Jahr 1855 in Paris versuchten die Teilnehmer, den kleinsten gemeinsamen Nenner als Basis für gemeinsames Handeln zu finden. Der Lutherische Weltbund (LWB) wurde 1947 in Lund/Schweden gegründet. Er vertritt rund 74 Millionen Christinnen und Christen in rund hundert Ländern. Ein Jahr später konstituierte sich in Amsterdam der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK), der als Basis die Anerkennung von Jesus Christus als Gott und Heiland formulierte. In den Folgejahren wurde auf mehreren Konferenzen und Vollversammlungen um gemeinsame Positionen innerhalb der Konfessionen sowie mit anderen religiösen Auffassungen gerungen. „Das waren existenzielle Fragen“, hob der Referent hervor.

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962 – 1965) bedeutete laut Professor Schneider eine gewisse Öffnung. In der Leuenberger Konkordie wurde 1974 festgelegt, dass Protestanten in allen evangelischen Kirchen beim Abendmahl im Gottesdienst willkommen sind. Es stelle sich die Frage, welche Ökumene wir wollen, so der Referent. Seitens der katholischen Kirche betonte Bischof Georg Bätzing 2012: „Wir dürfen uns mit dem Zwischenschritt – versöhnt verschieden – nicht zufriedengeben“.

Um die Ausgestaltung von Ökumene ging es in den anschließenden Tischgesprächen. Abseits aller theologischen Erörterungen werde Ökumene in Ibbenbüren praktisch gelebt, stellten die Teilnehmenden des Treffens fest. Sie habe schon früher gut funktioniert, sagte Pfarrer i. R. Reinhard Paul. „Jesus hat an seinen Tisch auch Heiden und Sünder eingeladen“, bemerkte Pfarrer i. R. Reinhard Lohmeyer zum Abendmahlsstreit. Dass Katholiken in manchen Fragen andere Ansichten vertreten, wurde in der Diskussion ebenfalls deutlich.

Viele Initiativen und Institutionen in Ibbenbüren seien ökumenisch organisiert und praktizierten Nächstenliebe ohne religiöse Schranken. Von den Teilnehmern wurden die Flüchtlingshilfen, die Initiative „Den Kindern von Tschernobyl“, das „Schweigen für den Frieden“, das Miteinander von Kirchen und Kindergarten in Dörenthe, die Familienbildungsstätte, der Hospizverein oder ökumenische Weihnachtsgottesdienste genannt. „Wir müssen noch enger kooperieren“, forderte Pfarrer i. R. Reiner Ströver im Blick auf die Zukunft mit weniger Kirchenbesuchern.

Text: Brigitte Striehn

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