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Stufen springen durch Raum und Zeit - „Goldene Treppe“ in Tecklenburg als mystischer Ort

Die Osnabrücker Künstlerin Sigrun Menzel hatte im Jahr 2016 in Tecklenburg ein Kunstwerk mit überregionaler Ausstrahlung geschaffen. Mit 24-karätigem Blattgold auf den Stufen einer hölzernen Treppe machte sie einen Lichtstrahl sichtbar, den sie selbst dort in einem mystischen Augenblick auf der Nordseite des Teutoburger Waldes aufblitzen sah.

„Die Treppe hat Charakter“, dachte sie sich. Nicht geradlinig und gleichförmig schlängelt sie sich durch das Blätterdach alter Bäume nach oben und verbindet den Premium-Wanderweg „Teutoschleife Tecklenburger Bergpfad“ mit dem in der Höhe verlaufenden Hermannsweg. Der Waldlehrpfand begeistert vor dem Aufstieg mit seltenen Bäumen aus aller Welt, die auf Schildern näher beschrieben werden.

In diese Natur-Idylle hinein hatte Sigrun Menzel ihren „Goldenen Lichtstrahl“ als begehbares Kunstwerk gezeichnet. „Es war eine meditative Erfahrung“, sagt sie im Rückblick. Treppen seien Sehnsuchtsorte, auf denen Menschen Halt in sich selbst finden können. „Schnurstracks und Goldrichtich“ hat sie das Projekt in phonetischer Schreibweise genannt. Die Reflexe des immateriellen Lichts, die Ästhetik der Linien in der Nacht und die Lebendigkeit des Wassers in Pfützen fielen ihr ins Auge. „Ich habe das verwitterte Holz veredelt, aber es gehört mir nicht“, betont sie. Der „Funke war auf die Betrachter übergesprungen“, freute sie sich. Die Bewunderung der Bevölkerung bedeutet ihr bis heute sehr viel.

Sigrun Menzel hatte ihre Arbeitsprozesse in beeindruckenden Fotos festgehalten, die sie vom 12. Juni bis zum 30. Juli 2023 in einer Ausstellung im Stiftshof Leeden für das Publikum öffnete. Aus der einstmals eher unscheinbaren Verbindung zweier Wanderwege war eine vielbeachtete Sehenswürdigkeit entstanden. Sie verknüpfte in wunderbarer Weise Kunst, Natur und Spiritualität. In der Mythologie ist Gold in der Erde geboren, Sigrun Menzel hat es vom Himmel geholt. „131 Stufen springen durch Raum und Zeit“, fasste sie den beschaulichen Ort poetisch in Worte. Schiefe Holzpflöcke wurden in ihrer Fantasie zu tanzenden Kobolden, sie liebte das Spiel der unregelmäßigen Waagerechten und Senkrechten. Geblieben sind eine Ahnung des Ursprungsprojektes und die nahezu magische Anmutung des Ortes.

Die evangelische Kirchengemeinde Tecklenburg hatte für die Fotoausstellung die Räumlichkeiten des Gemeindehauses Stiftshof in Tecklenburg Leeden zur Verfügung gestellt. „Wir verfolgen damit das Ziel, das kulturelle Leben hier im Ort zu bereichern“, erklärte Professor Dr. Ammermann, Kulturbeauftragter des Kirchenkreises. Auch der Kreis Steinfurt förderte die Ausstellung. Es sollte eine Initialzündung sein, denn Kirche und Kunst ergänzen sich wunderbar. „Ich schaue darauf, wie Gemeinden ihre Räume für Kultur nutzen können“, so Pfarrer Norbert Ammermann. Ein weiteres Beispiel sei die „Klangkirche“ in der evangelischen Friedenskirche in Wersen-Büren.

Zur Präsentation der Fotos kamen selbst am letzten Tag noch einmal viele Besucher. „Wunderschön, märchenhaft, tolle Idee, bezaubernd“, schrieben sie ins Gästebuch. Wer den Stufen folgen will, braucht eine gute Kondition, denn es geht steil nach oben. Der Abstieg ist ebenfalls nicht ganz mühelos zu bewältigen. Doch um die vielen kleinen Details auf der Treppe und am Wegesrand zu entdecken, ist ohnehin eine langsame Gangart zu empfehlen.      

Text: Brigitte Striehn                                                               

 

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