„Wir wissen alles und tun doch nicht, was wir für richtig halten“, bedauert er. Die Zahlen sprechen für sich. 90 Prozent der Deutschen wollen artgerechte Tierhaltung, aber nur zwei Prozent kaufe Biofleisch, 80 Prozent wollen weniger Autos in den Städten, die dennoch immer voller würden, und obwohl 90 Prozent der Bevölkerung der Klimaschutz am Herzen liege, seien die Flughäfen voll, gibt Kopatz zu bedenken. Die Probleme für Umwelt und Natur seien seit Jahrzehnten bekannt. In der gleichen Zeit seien die Häuser größer und die Autos schwerer geworden. „Das ganze moralische Wissen bewirkt nichts“, lautet Kopatz' Schlussfolgerung.
Dabei könnte es „faszinierend einfach“ sein, wenn die Politik klare Kante zeigen würde. Die Regierung müsste nur die Füße stillhalten, keine weitere Startbahn in München, keine neuen Terminals in Hamburg und Frankfurt bauen, keine weiteren Slots für Starts und Landungen vergeben, beschreibt er den „Deckel durch Unterlassen“. Gleiches gelte für den Straßenbau, denn „jede neue Straße sorgt für mehr Verkehr“, stellt Kopatz fest.
Die Politik müsse Standards und Limits setzen. Wer die Städte autofrei haben möchte, müsse Parkraum begrenzen und teurer machen, dazu den öffentlichen Nahverkehr ausbauen und für Radfahrer „eine einladende Struktur der Wertschätzung schaffen“. Kopatz, der in Osnabrück für Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat sitzt, spricht auch die Reaktivierung der Tecklenburger Nordbahn an. „Das gehört alles zusammen“, findet er.
Nicht nur die Politik ist gefragt, Kopatz fordert auch das Engagement der Bevölkerung ein. Es reiche nicht, Bio-Produkte zu kaufen, ist er überzeugt. Er setzt sich für politischen Protest ein, motiviert sein Publikum, „Teil der kritischen Masse“ zu werden. Der Druck von der Straße sei wichtig, auch als Argument für die Politik. „Dabei zu sein, fühlt sich gut an“, weiß Kopatz aus eigener Erfahrung. „Verteilen sie Flyer, unterschreiben sie Petitionen, gehen sie auf die Straße, alles ist besser, als auf dem Sofa zu sitzen und die Zustände zu beklagen“, ist er überzeugt.
Text: Dietlind Ellerich