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Westerkappelner Geschichten im Erzählcafé

In den Archiven des Heimatvereins und der Gemeinde Westerkappeln schlummern zahlreiche Schätze. Sie geben Auskunft darüber, wie der Ort früher aussah und wie die Menschen damals lebten. In der Reihe „Werkstatt 50plus“ haben Verantwortliche der Erwachsenenbildung im Evangelischen Kirchenkreis Tecklenburg das „Erzählcafé Westerkappelner Geschichte(n)“ ins Leben gerufen. Schon seit etwa sechs Jahren wird an jeweils vier Terminen in Kooperation mit der evangelischen Kirchengemeinde Westerkappeln dazu eingeladen, sich mit der Ortsgeschichte zu beschäftigen. Die Themen sind ganz unterschiedlich, beispielsweise Bergbau oder die Situation der Heuerleute. Gespräche und Vorträge fachkundiger Referenten wechseln sich ab.

Am 27. November begrüßte Pfarrer Olaf Maeder im Dietrich-Bonhoeffer-Haus der evangelischen Kirchengemeinde Dr. Gunter Böhlke zu einer Lichtbildpräsentation. Der Archivar des Kultur- und Heimatvereins hatte eine interessante Auswahl von historischen Aufnahmen zum Thema „Kirche und Schule“ aus mehr als 100 Jahren getroffen. Da er schon seit langem die Fotos des Vereins- und Gemeindearchivs sichtet und katalogisiert, konnte er vieles über die Gebäude, Straßen und Menschen erzählen. Durch sein Aufgabenfeld der Familienforschung waren ihm zudem einige Personen bekannt. Er forderte jedoch die etwa 50 Teilnehmer des Treffens herzlich dazu auf, Fragen zu stellen oder Ergänzungen aus eigenem Erleben zu machen.

Das Startbild zeigte die evangelische Stadtkirche von „Westercappeln“  im Jahre 1910. Sie wurde im 12. Jahrhundert auf dem höchsten Punkt der Siedlung errichtet und überragte damals die übrige Bebauung. So ist es bis heute geblieben. Teile des Umbaus aus dem 13. Jahrhundert sind noch erhalten. Deutlich zu erkennen waren die großen Gärten, deren Erträge zur Eigenversorgung der Bewohner und auch des Pastors beitrugen. Die große Turmuhr wurde 1907 eingebaut. Auf der Südseite standen das alte Schulhaus und das Kriegerdenkmal. Auf einer Karte zeigte Dr. Böhlke die Lage von Gebäuden, die er in dem Vortrag ins Gedächtnis zurückrief.

Ein virtueller Rundgang zog sich durch Straßen und Gassen, die jetzt ein völlig anderes Bild bieten. Im Laufe der Jahrzehnte wurde das Schindeldach der Kirche durch Kupferplatten ersetzt, Bäume wurden gefällt, Fachwerkhäuser „gnadenlos“ abgerissen und neu gebaut. Bei Ausgrabungen im Jahr 2013 entdeckten Fachleute alte Grabstätten an der Nordwand der Kirche. Auf weiteren Fotos waren die katholischen Kirchen oder die Methodistenkirche in Metten zu sehen. Eine Glocke der Stadtkirche wurde im Zweiten Weltkrieg beschlagnahmt und sollte eingeschmolzen werden. Zum Glück kam es nicht dazu, sie kehrte 1947 an ihren angestammten Platz zurück. Einige dieser Geschichten kommentierten die Zuhörer mit zustimmenden Bemerkungen. „Ja, genau“ oder „ach ja“, hieß es dann gelegentlich.

Im zweiten Teil der Bilderschau konnten die Besucher stärker eigene Erfahrungen einbringen. Sie hatten Schulen besucht, von denen der Referent berichtete. Neben der Volksschule am Kirchplatz existierten kleinere Schulen in Metten, Düte, Hambüren, Handarpe, Düsterdiek, Westerbeck sowie Ober- und Niederseeste. Teilweise wurden dort bis zu hundert Schüler unterrichtet, Düsterdiek war jedoch eine Zwergschule. In den Pausen spielten die Kinder auf dem Schulhof Ringelreihen, die Lehrer hatten dabei ein aufmerksames Auge auf das muntere Treiben. Große Gefahr bestand allerdings nicht, denn der Autoverkehr hielt sich in Grenzen.

Zum Dank für den unterhaltsamen Ausflug in die Geschichte Westerkappelns und deren spannende Veränderungen erhielt Dr. Gunter Böhlke viel Beifall. Am 19. März 2019 wird er Fotos unter dem Titel „Unerkannt, aber unvergessen“ vorführen und um Mitarbeit bei der Suche nach Orten und Personen bitten. Im nächsten Jahr feiert zudem der Kultur- und Heimatverein mit mehreren Veranstaltungen sein 100-jähriges Bestehen.

Text: Brigitte Striehn

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