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"Vom Wartesaal zur eigenen Kirche in Hörstel"

„Die Friedenskirche in Hörstel hat auf dem Harkenberg eine Besonderheit in der Lage. Sie wurde im Jahr 1901 für eine größer werdende Gemeinde gebaut“, berichtete Superintendent André Ost zur Eröffnung des Stiftungsabends. Erst seit 1993 trage sie den Namen „Friedenskirche“. „Frieden und Versöhnung sind für unseren Glauben zentrale Begriffe“, unterstrich der Superintendent, gerade vor dem aktuellen Hintergrund des Anschlags auf die jüdische Synagoge in Halle am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur. Im Gedenken an die zwei Getöteten und zwei Schwerverletzten las die Gemeinde gemeinsam die Friedenslitanei von Coventry. Der Chor der Evangelischen Gemeinde Hörstel unter Leitung von Olga Neugum gestaltete die Andacht einfühlsam mit Friedensliedern.

Gemeindepfarrer Martin Pfuhl berichtete aus der Geschichte der Hörsteler Kirche: 1898 kauft die Kirchengemeinde Ibbenbüren das Grundstück. Am 7. April 1901 wurde die evangelische Kirche auf dem Harkenberg eingeweiht. 1902 wird die Alte Schule (damals als Ev. Schule, heute das Gemeindehaus) gebaut. Im gleichen Jahr wird auch der Ev. Friedhof eingeweiht. 1904 beginnt dann der Bau des Pfarrhauses. Architekt des Gesamtensembles war Karl Siebold, Baurat und späterer Leiter des Provinzialkirchlichen Bauamts in Bielefeld-Bethel. Für die Innenraumgestaltung zeichnete sein Mitarbeiter Joseph Campani verantwortlich. In der Zeit des Historismus, die vergangene Epochen aufnahm, gestaltete Siebold die Kirche mit Rundbogenfenstern, Altar, Apsis, Kanzel und Taufstein.

Die Gemeindeglieder verstanden ihre Kirche als Burg

„Die Gemeindeglieder verstanden ihre Kirche als Burg im Sinne des Chorals „Ein´ feste Burg ist unser Gott“, so Martin Pfuhl. 1968-70 wurde die Kirche erweitert, neoromanische Elemente wie die Zinnen wurden zurückgebaut. „Wer sind wir inhaltlich?“, habe sich das Presbyterium 2015 gefragt. Gemeinsam mit dem Amt für Missionarische Dienste machte sich die Gemeinde dann auf den Weg und entwickelte eine Konzeption. „Einladend – engagiert – evangelisch“, dieses Motto sei seitdem wegweisend für die Gemeinde. Zwischen 2016 und 2018 seien die Wege zur Kirche barrieferei gestaltet worden. „Jetzt, so freute sich der Pfarrer, „haben auch Familien mit Kinderwagen und Senioren mit Rollatoren oder Rollstühlen freien Zugang zu unserer Kirche“.

Grundstück in Hörstel war eine gute Wahl

Launig und anschaulich blätterte Oberforstrat i.R. Dr. Klaus Offenberg die Geschichte der Kirche auf. Er forscht ehrenamtlich zur Heimat- und Ortsgeschichte Hörstels. „Eine bessere Wahl für ein Grundstück der Kirche als das auf dem Harkenberg hätten die Protestanten damals nicht treffen können“, betonte er. „Aber warum steht der Altar nicht im Osten und der Turm nicht im Westen?“, fragte er die interessierten Zuhörer. Martin Pfuhl hat da so eine Idee: Vom Hügel aus schaut man direkt zum neuen Bahnhof Hörstel. Dahinter lag das Dorf. Und mit der Fensterrosette blickt der segnende Christus direkt nach Hörstel. Pfuhls Theorie: Der Baumeister hat dieses Bild absichtlich Richtung katholische Kirche Hörstel geplant, sozusagen als Kontrapunkt.

Das Lagerbuch war 40 Jahre verschollen

Abenteuerlich gestaltete sich auch die Situation um das Lagerbuch der Ev. Kirche Hörstel von 1911, ein handschriftliches Verzeichnis, in dem alle Besitztümer wie Kirchengebäude oder Forsthäuser aufgeführt werden. „Das Buch“, so Dr. Offenberg“, war 40 Jahre verschwunden. Eines Tages habe ihn Wilhelm Elling, der ehemalige Leiter des Hamaland-Museums Vreden, angerufen. Er erzählte, dass das Buch auf dem Flohmarkt in Aalten/Niederlande angeboten worden sei. Das Ehepaar Pfuhl machte sich auf den Weg und kaufte das Buch für 200 € zurück. „Gut, dass wir das Buch wieder haben“, freut er sich. „Wir wollen einiges wieder so herrichten, wie es Architekt Karl Siebold einst geplant hat.“ Das Rosettenfenster mit dem Christusbild wurde inzwischen restauriert. Zum Advent wird es von innen angestrahlt.

Kreisvikar erteilte Konfirmandenunterricht im Wartesaal des Bahnhofs

Mit der Eröffnung der ersten Eisenbahnstrecke von Osnabrück nach Rheine im Jahr 1856 vermehrte sich die Anzahl der evangelischen Christen in Hörstel. 1891 wurde in der Nähe des Bahnhofs eine Glashütte erbaut. Hier arbeiteten viele evangelische Glasbläser, deren Kinder Konfirmandenunterricht benötigten. „Damals befand sich die nächste evangelische Kirche in Ibbenbüren“, berichtete Dr. Klaus Offenberg. Superintendent Trockels beauftragte den Kreisvikar Schmiesing deswegen, neun Wochen lang je einmal wöchentlich zu diesem Zweck nach Hörstel zu kommen. „Das lief bis Januar 1892 so, bis die Glashütte Konkurs anmeldete“, so der Referent. Das Bedürfnis nach einer eigenen evangelischen Schule entstand. Da noch immer kein Kirchengebäude für den Konfirmandenunterricht zur Verfügung stand, erteilte das königliche Konsistorium die Genehmigung, die Kinder im Wartesaal III. und IV. Klasse des Bahnhofsgebäudes zu unterrichten. Das gesamte Ensemble aus Kirche, Schule und Pfarrhaus entstand dann in kurzer Zeit zwischen 1901 und 1904.

Christliche Botschaft setzt Friedensimpulse

„Menschen sind das Wichtigste in der Kirche“, unterstrich Hans Werner Schneider, der Vorstandsvorsitzende der Stiftung Denkmalwerte Kirchen im Kirchenkreis Tecklenburg, in seiner Ansprache. Die Kirche verstehe er als das Haus der lebendigen Steine. Von ihr und der christlichen Botschaft gingen Friedensimpulse für das Leben und die Gesellschaft aus. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass es im Kirchenkreis 21 denkmalwerte Kirchen gibt, die mit der Unterstützung der Stiftung erhalten werden könnten. Marlies Beckemeyer, Mitglied des Vorstands der Stiftung, freute sich über die gute Beteiligung am Stiftungsabend. Sie stellte das Ergebnis des Rechnungsjahrs 2018 der Stiftung vor. Sie lud alle dazu ein, nachhaltig für die Erhaltung historischer Kirchen zu spenden oder zu stiften.

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