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„Von Paris bis Santiago de Chile - Deutsche Klimaschutzpolitik auf Bundes- und kommunaler Ebene“

Mit ca. 60 Teilnehmenden sehr gut besucht war die Veranstaltung des Ev. Sozialseminares Lienen zum Thema Klimaschutz am 9. Oktober 2019. Klaus Mindrup, MdB seit 2013 und aktuell Mitglied in den Ausschüssen "Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen" und "Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit“.

Sein Vortragsthema „Von Paris bis Santiago de Chile - Deutsche Klimaschutzpolitik auf Bundes- und kommunaler Ebene“ war nicht zufällig gewählt. Mindrup war und ist stark in die Klimapolitik eingebunden, und dass dies eine komplexe Thematik ist, nahm ihm sofort jeder ab. 

Interessant waren seine Berichte über die mittlerweile schon fast geschichtlich zu nennenden Vorgänge um die Klimakonferenz in Paris (2015). Aus seiner Sicht hat die Menschheit damals durchaus historisches vereinbart, wenn es auch vielen Umwelt- und Naturschützern längst nicht weit genug ging. Mindrup sieht den Weltklimavertrag jedoch als Erfolg an, da er „die Abkehr von Kohle, Gas und Erdöl vorsieht, den Übergang auf erneuerbare Energien und große Aufforstungsprogramme. Finanzanleger und wirtschaftliche Investoren werden sich mehr und mehr daran ausrichten. Das entfaltet eine langfristige Schubkraft mit neuen Chancen für Deutschland."

Spannend war die Information, dass damals die katholische Kirche, insbesondere das „Lauda to si“ von Papst Franziskus, sehr zur Einigung der Staaten beigetragen hatte. Viele lateinamerikanische Länder und auch Polen, alles Länder mit vorwiegend katholischer Bevölkerung, stimmten damals dem Abkommen zu. Das war nicht selbstverständlich. Der Papst legte schon früh in seiner Amtszeit einen Schwerpunkt auf die Erhaltung der Schöpfung.

Der Weltklimavertrag zielt auf eine Einhaltung der notwendigen Grenzen und Richtwerte bis 2050 ab. Dies ist viel zu spät, da sind sich Wissenschaftler und die aktuelle „Fridays for Future“-Bewegung einig.

Zur Situation in Deutschland und der Welt: Deutschland trägt (hauptsächlich aufgrund seiner „Größe“) nur für etwa 2% des weltweiten CO2-Ausstoßes die Verantwortung. Jedoch liegen wir bei der Pro-Kopf-Emission auf Platz 2 nach den USA. Deutschland alleine wird also das Klima nicht retten können, aber es gibt dennoch keine Entschuldigung!

Interessant ist, dass die EU selbst auch klimapolitische Ziele bis 2030 vereinbart und verabschiedet hat. So wurde gegenüber 1990 (a) eine Verminderung der klimaschädlichen Emissionen um 40%, (b) der Anstieg erneuerbarer Energien auf 27%, (c) der Energieeffizienz um 27% beschlossen. Länder mit mehr Wirtschaftskraft müssen dabei mehr Lasten tragen als Länder mit schwacher Wirtschaft. Das bedeutet einen stärkeren „Motivator“ für die deutsche Politik als das Weltklimaabkommen, da von Seiten der EU bei Nichteinhaltung klare Sanktionen drohen.

Etwa 36% der CO2-Emissionen gehen in Deutschland auf das Konto des Wohnens (v.a. Stromerzeugung und Heizung), zu 27% ist der Verkehr und zu 13 % unsere Ernährung beteiligt. Da wird klar, dass z.B. den Ausbau erneuerbarer Energien und die Abkehr von der Kohleverbrennung ganz zentrale Punkte sind. Der 2017 zwischen CDU/CSU und SPD ausgehandelte Koalitionsvertrag sieht laut Mindrup der Ausbau erneuerbarer Energien auf 65% bis 2030 und 100% bis 2050 vor. Für den Kohleausstieg wurde eine Kommission gebildet. Bis vor kurzem gab es in Deutschland lediglich einen Klimaschutzplan. Der war jedoch nur eine Absichtserklärung, wohingegen das aktuell in Verabschiedung befindliche Klimaschutzgesetz mehr Bindung besitzt. Aber allen aufmerksamen Verfolgern der Politik wird nicht entgangen sein, dass auch in Gesetzen Formulierungen verwendet werden, die diese scheinbare Bindung wieder lockern (aus „muss erreicht werden“ wird dann „wird angestrebt“).

Allgemein beklagten die Teilnehmenden den starken Einfluss der Lobbyisten auf die deutsche und europäische Politik. Viele teils frustrierte Wählerinnen und Wähler glauben immer weniger an den lenkenden Einfluss ihrer demokratischen Stimmabgabe, da der Einfluss von Kapital und Wirtschaft als zu groß wahrgenommen wird. Der Referent hielt dem entgegen, dass es inzwischen längst nicht mehr die große Energiekonzerne seien, die den dezentralen Ausbau der erneuerbaren Energien behinderten. Er beklagte die überaus bremsende Wirkung des deutschen Wirtschaftsministeriums in diesen Fragen. Von dort gingen ja auch die in den vergangenen Jahren stetig beschlossenen Verschlechterungen im Bereich des Ausbaues von Wind- und Solarenergie aus.

Mindrup sieht viele „Baustellen“ auf dem Weg zu einem wirksamen Klimaschutz in Deutschland und weltweit und er setzt sich glaubhaft und energisch für die Belange von Mensch und Umwelt ein. Ob es darum geht, über entsprechende gesetzliche Grundlagen die Installation von Solarmodulen auf Mietshäusern zu fördern und gleichzeitig die Mieter zu Profiteuren zu machen oder darum, den genossenschaftlichen Bau von Windkraftanlagen wieder zu ermöglichen – es sind alles dicke Bretter, die da gebohrt werden müssen. Nicht zuletzt dank der stetig zunehmenden Bürokratisierung, die in alle Bevölkerungskreisen zunehmend beklagt wird.

Was hat das Ganze jetzt mit Santiago de Chile zu tun? Die 25. UN-Klimakonferenz 2019 findet gleichzeitig als 15. Treffen zum Kyoto-Protokoll vom 2. bis 13. Dezember 2019 in Santiago de Chile statt. Klaus Mindrup wird für unser Land dabei sein – wenn die große Koalition bis dahin hält.

Sehr positiv wurde das Angebot des Referenten aufgenommen, im kommenden Jahr nochmal ins Sozialseminar zu kommen und ein „Update“ in Sache Klimaschutz auf Bundesebene zu geben. Das Sozialseminar wird darauf zurückkommen!

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Erstellungsdatum: 29.10.2019